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Berlin/Quedlinburg (ots) - Die Notwendigkeit eines gesamtgesellschaftlichen
Ansatzes angesichts der Herausforderungen der geopolitischen Lage und die
Bedeutung des internationalen Feuerwehr-Netzwerks waren die Kernthemen der 72.
Delegiertenversammlung des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) in der
Welterbestadt Quedlinburg (Sachsen-Anhalt). 154 Delegierte aus ganz Deutschland
und Gäste aus Frankreich, Österreich, Kroatien, vom Weltfeuerwehrverband CTIF
sowie aus Politik und Wirtschaft waren sich einig: "Bevölkerungsschutz kann nur
gemeinsam gelingen und wir können grenzübergreifend viel voneinander lernen."
"Sicherheit, Bildung und gesellschaftliche Resilienz gehen Hand in Hand"
DFV-Präsident Karl-Heinz Banse betonte angesichts wachsender und wechselnder
Bedrohungen: "Wir können nicht in der Lage leben, sondern müssen uns
vorbereiten." Er bekräftigte die Forderungen des DFV zum Zivil- und
Katastrophenschutz, die unter anderem die Förderung des Selbstschutzes anmahnen.
"Jeder ist ein Stückweit selbst verpflichtet, sich zu schützen", erklärte Banse
und berichtete von seinen Erfahrungen bei internationalen Fachveranstaltungen
etwa in Japan, wo die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung bei Naturkatastrophen
wie Erdbeben oder Tsunamis extrem hoch sei. Der Präsident des Fachverbandes für
1,4 Millionen Feuerwehrangehörige in Deutschland unterstützte erneut die
Forderung des Bundesinnenministers Alexander Dobrindt, Selbsthilfe bereits in
der Schule zu lehren: "Die Feuerwehren sind mit Brandschutzerziehung seit
Jahrzehnten gut vernetzt; wir stehen dafür ein, dass Sicherheit, Bildung und
gesellschaftliche Resilienz Hand in Hand gehen!"
Dr. Tamara Zieschang, Ministerin für Inneres und Sport des Landes
Sachsen-Anhalt, avisierte für die Zukunft steigende Einsatzzahlen auch durch
Extremwetterereignisse. "Im Bereich des Bevölkerungsschutzes sind auf Ebene der
Landkreise in den nächsten Jahren viele Investitionen geplant", berichtete sie.
Zur Frage des Einsatzes der Feuerwehren im Zivilschutz forderte sie mehr
Klarheit zu Aufgabenumfang und Personalfragen wie der Mehrfachverwendung. "Die
Innenministerien sind bei den großen Herausforderungen, die anstehen, auf kluge
Ratgeber in Form des Deutschen Feuerwehrverbandes und der
Landesfeuerwehrverbände angewiesen", dankte sie für den vielschichtigen
Austausch.
Angesichts nationaler Aufgaben: Feuerschutzsteuer-Anteil für Feuerwehren
Angesichts der möglichen Anforderungen an die Feuerwehren im Rahmen des
"Operationsplans Deutschland" bekräftigte DFV-Präsident Banse das Bewusstsein
der Feuerwehren ob ihrer besonderen Rolle gegenüber Staat und Bevölkerung. Ohne
kommunale Feuerwehren seien derartige Bundesaufgaben wie auch im Zivilschutz
nicht möglich. Er regte daher auch vor dem Hintergrund der angespannten
finanziellen Lage an, 0,1 Prozent des Aufkommens der Feuerschutzsteuer für
Feuerwehren in Deutschland zur Verfügung zu stellen, um den durch das föderale
System bewältigten Aufgaben Rechnung zu tragen: "Wir haben hier auch eine
Erwartungshaltung an den Bund."
"Durch die veränderte Lage in der Welt rückt der Zivilschutz weiter ins
Blickfeld. Verteidigung ist nicht nur eine militärische, sondern auch eine
zivile Aufgabe. Da sind große Aufgaben viele Jahre lang liegengeblieben: Das ist
mittlerweile angekommen!", äußerte sich Dr. Christoph Hübner, stellvertretender
Leiter der Abteilung Krisenmanagement im Bundesministerium des Innern. Er
avisierte, dass auch die Feuerwehren durch Fahrzeuge oder Warnung der
Bevölkerung von den final verfünffachten Haushaltsmitteln des Bundesamtes für
Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe partizipieren würden. "Das ist der Pakt
für den Bevölkerungsschutz", erklärte er.
Götz Ulrich, Vizepräsident des Deutschen Landkreistags, bezeichnete die
Feuerwehren als "verbindendes Element zwischen Alltag und Ausnahmefall".
Deutschland brauche ein handlungsfähiges Schutzsystem, in dem die Feuerwehren
als einzige engmaschig und flächendeckend verfügbaren Einsatzkräfte eingebunden
seien. Hierzu sei auch die umfassende Nutzung der Finanzierungsmöglichkeiten
durch den Bund für die Ausstattung der Feuerwehren unerlässlich.
Einheitliche Ausbildung für grenzübergreifenden Einsatz
"Die einheitliche Ausbildung ist ein Eckpfeiler der europäischen Zusammenarbeit
- wenn sich die Folgen des Klimawandels weiter fortsetzen, wird dies wichtiger
denn je", erklärte DFV-Präsident Banse im Hinblick auf das
EU-Katastrophenschutzverfahren rescEU, in dem sich europäische Einsatzkräfte
gegenseitig helfen. Er betonte nicht zuletzt die Bedeutung des neu gegründeten
Verbandes der Feuerwehren in der Europäischen Union. Das starke
grenzübergreifende Netzwerk der Feuerwehren und ihrer Verbände zeigte sich
direkt vor Ort in Quedlinburg: Milan Dubravac, Präsident des
Weltfeuerwehrverbandes CTIF, bekräftigte den Ansatz, geopolitische
Herausforderungen im Bereich des Zivilschutzes und der zivilen Verteidigung
gemeinsam anzugehen. Der Präsident des Österreichischen
Bundesfeuerwehrverbandes, Robert Mayer, dankte für die wertvollen Einblicke in
das deutsche Feuerwehrwesen: "In Österreich gibt es die Diskussion über den
Zivilschutz in dieser Dimension derzeit noch nicht. Das können wir uns aber
nicht mehr leisten; wir müssen über die Grenzen hinaus an unseren
Herausforderungen arbeiten." Slavko Tucakovíc, Kroatiens oberster Feuerwehrmann,
berichtete von Waldbränden, die nur durch gemeinsamen internationalen Einsatz
bewältigt werden konnten. "Die engen deutsch-französischen Beziehungen waren die
Keimzelle des Verbandes der Feuerwehren in der Europäischen Union", konstatierte
Armand Jung, Vertreter des Französischen Feuerwehrverbandes. Er bekräftigte,
dass mit einem gemeinsamen Ausbildungskonzept internationale Kräfte bei großen
Katastrophen mit Sicherheit und Effektivität eingesetzt werden könnten.
Internationalität und der Faktor Mensch waren die Schwerpunkte im Schlaglicht,
das DFV-Vizepräsident Frank Hachemer auf die Weltleitmesse Interschutz warf.
Diese findet vom 1. bis 6. Juni 2026 in Hannover statt und steht unter dem Motto
"Safeguarding tomorrow".
Mit Blick auf die Zukunft gab Dr. Alexander Beck, DFV-Experte für
Cybersicherheit, einen beeindruckenden Einblick in hybride Gefahrenlagen und die
Auswirkungen solcher Angriffe von finanziellen Schäden bis hin zum
Vertrauensverlust in die Sicherheitsarchitektur. "Die Cybersicherheit bei den
Feuerwehren ist bundesweit unstrukturiert, während sich die Bedrohungen
weiterentwickeln", erklärte er.
Frank Ruch, Oberbürgermeister der Welterbestadt Quedlinburg, richtete den Blick
in seinem Grußwort auf den Nachwuchs: "Tugenden, die schon Kinder und
Jugendliche vermittelt bekommen, tragen die Gesellschaft. Jugendarbeit ist
gelebte Wertebildung und ein wichtiger Beitrag für die Zukunft unserer
Gesellschaft." DFV-Präsident Banse zeigte sich stolz, dass die Deutsche
Jugendfeuerwehr entgegen dem allgemeinen Trend immer mehr Kinder und Jugendliche
ins ehrenamtliche Engagement bringt. Bezüglich der dort gelebten Inklusion
äußerte er die Erwartung, dass das Engagement der Jugendlichen dann nicht durch
Landesgesetze ausgebremst würden, sondern sie in die jeweiligen
Einsatzabteilungen wechseln könnten.
Im Vorfeld der Delegiertenversammlung fand ein ökumenischer Gottesdienst in der
Marktkirche St. Benedikti Quedlinburg statt. Dr. Frank Conrads, Pastor und
DFV-Bundesbeauftragter für Feuerwehrseelsorge, gestaltete den Gottesdienst und
appellierte beim Totengedenken im Rahmen der Delegiertenversammlung: "Bei aller
Verschiedenheit und auch, wenn wir uns nicht immer in allem einig sind: Unser
Dienst ist ein Zeichen der Hoffnung und der Menschenwürde."
Bereits am Freitag lud der Landesfeuerwehrverband Sachsen-Anhalt die Delegierten
zu einem Länderabend im Großen Schloss Blankenburg ein. LFV-Präsident Kai-Uwe
Lohse nutzte die Gelegenheit zum Appell für die Verbandsarbeit: "Wenn wir uns
nicht selbst organisieren, werden wir zum Spielball der Politik. Wir dürfen uns
nicht auseinanderdividieren lassen!" Blankenburgs Bürgermeister Heiko Breithaupt
freute sich über die Gäste aus ganz Deutschland und dem Ausland. Er bezeichnete
die Feuerwehr als "Rückgrat der kommunalen Daseinsvorsorge". DFV-Präsident
Karl-Heinz Banse dankte den Organisatoren für die Veranstaltung im größten
erhaltenen Welfenschloss: "Das ist eine wunderbare Gelegenheit zum Austausch!"
Er trug sich danach in das Goldene Buch der Stadt Blankenburg ein.
Freundliche Unterstützung erfuhr die 72. Delegiertenversammlung des Deutschen
Feuerwehrverbandes durch die Mercedes Benz AG und die Telekom Deutschland GmbH.
Bilder der Veranstaltung werden unter
https://www.feuerwehrverband.de/presse/bilder/ zur Verfügung gestellt.
Pressekontakt:
Deutscher Feuerwehrverband e. V. (DFV)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Silvia Oestreicher
Telefon: (0170) 47 56 672
E-Mail:oestreicher@dfv.org
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feuerwehrverband.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/50093/6154210
OTS: Deutscher Feuerwehrverband e. V. (DFV)
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