Berlin (ots) - Im Vorfeld der Fraktionsspitzen-Klausur von Union und SPD in
Würzburg überboten sich die Medien im Psychologisieren von Politik: Es gehe um
Teambuilding, sogar von "Gruppentherapie" ist zu lesen. Eine solche falsche
Verwendung von psychologischen Fachbegriffen nennt man "Therapie-Sprech" - das
Phänomen ist mindestens so verbreitet wie problematisch. Aber eben auch:
verlockend.
Daher hier - ganz nonchalant - eine alternative psychologische Analyse des
Koalitionstreffens. Besonders beliebt im "Therapie-Sprech" ist die Vokabel
"Gaslighting": eine Form von psychischer Manipulation, mit der Betroffene
gezielt verunsichert und in ihrem Realitäts- und Selbstbewusstsein allmählich
beeinträchtigt werden, wie es auf Wikipedia heißt.
Das beschreibt, wie die Union derzeit mit der SPD umgeht: Zuerst sabotieren CDU
und CSU absichtlich eine Reihe wichtiger Regierungsvorhaben - nur um
anschließend Bedauern zu heucheln, weil das gegenseitige Vertrauen
abhandengekommen sei. Man denke an das zwischenzeitliche Veto von
CDU-Außenminister Wadephul zum Wehrdienst-Gesetz aus dem SPD-geführten
Verteidigungsministerium, weil ihm dieses nicht verpflichtend genug ist. Oder an
die Kampagne der Union gegen die SPD-Verfassungsgerichtskandidatin Frauke
Brosius-Gersdorf.
Wenn Merz nun vorab ankündigt, es der SPD "bewusst nicht leicht" machen zu
wollen, weil der Sozialstaat angeblich nicht mehr finanzierbar sei - und damit
den Markenkern der SPD angreift -, bestätigt das nur: In Würzburg geht es der
Union nicht um Versöhnung, sondern um Kontrolle über ihren Juniorpartner.
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