Berlin (ots) - Im globalen Süden wird das Treffen der "Shanghaier Organisation
für Zusammenarbeit" (SOZ) überwiegend mit Genugtuung beobachtet. In der
SOZ-Initiative sind zehn euroasiatische Staaten zusammengeschlossen, die man
hierzulande gern als "Schurkenstaaten" bezeichnet. Neben China und Russland
gehören etwa Belarus und der Iran zur Ländergruppe. Doch der Umstand, dass auch
UN-Generalsekretär António Guterres am Treffen im nordchinesischen Tianjin
teilnimmt, macht deutlich, dass die Angelegenheit doch etwas komplexer ist.
Mit der Wiederannäherung Indiens an China gewinnt die SOZ-Initiative enormes
Gewicht. 42 Prozent der Weltbevölkerung und 25 Prozent des Weltsozialprodukts
werden den beteiligten Staaten zugerechnet. Zwar ist die Gruppe kaum mehr als
ein symbolischer Zusammenschluss, doch auch der kann Wirkung entfalten.
Wenn die Bereitschaft von Staaten wächst, ohne die USA und EU multilateral zu
kooperieren, wird das den US-Dollar als Welthandelswährung weiter untergraben.
Die postkoloniale Ordnung, die vor allem Nordamerika und Westeuropa nutzte,
erodiert.
Die Hoffnung vieler Linker im globalen Süden, daraus könne sich ein progressives
Projekt entwickeln, ist allerdings wenig begründet. Der alte, US-geführte
Imperialismus wird einfach durch ein neues Gefüge auf- und absteigender
Imperialismen abgelöst. Dass der Kapitalismus Chinas stärker unter staatlichem
Kommando steht, ist für die unteren Klassen weltweit noch lange keine gute
Nachricht. Ausbeutung und Vertreibung bleiben fester Bestandteil des Weltmarkts.
Der Aufstieg asiatischer Staaten ist also kein soziales Projekt. Umgekehrt gilt
allerdings auch: Aus Perspektive des Südens war auch die westlich geprägte
Ordnung weder egalitär noch demokratisch.
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