Berlin (ots) - Eine solche Regime-Krise hat es in Frankreich noch nie seit
Gründung der Fünften Republik 1958 gegeben. Dass es bei der für die Regierung
vernichtenden Abstimmung in der Nationalversammlung eigentlich um den
Sparhaushalt für 2026 ging, der einmal mehr sozial höchst ungerecht ist, geriet
schnell in den Hintergrund. Politisch gewichtiger ist, dass mit dem Kabinett
Bayrou bereits die zweite Übergangsregierung in zwölf Monaten gestürzt wurde.
Ein Novum seit 1958.
Das Votum ist auch eine Abfuhr für den Versuch, die Minderheitsverhältnisse für
das liberale Regierungslager im Parlament durch ein zeitweiliges Zweckbündnis
mit der rechten Oppositionspartei der Republikaner zu stützen.
Der Präsident hat jetzt drei Möglichkeiten, die Verhältnisse für die nächsten
Monate zu stabilisieren. Er könnte einen linken Premier ernennen und künftig mit
einer linken Regierung "koexistieren". Eine solche Konstellation haben die
linken und rechten Präsidenten François Mitterrand und Jacques Chirac mit ihren
jeweiligen Gegenspielern vorgemacht. Die zweite Variante, der Forderung des
rechtsextremen Bündnisses RN nachzukommen, noch einmal das Parlament aufzulösen
und Neuwahlen anzuberaumen, ist unrealistisch. Das würde den vom RN für die
Präsidentschaftswahl 2027 geplanten Machtwechsel schnell in greifbare Nähe
rücken.
Bleibt die wahrscheinlichste Variante: Präsident Macron improvisiert weiter und
versucht, die Monate bis zum Ende seiner Amtszeit im Mai 2027 irgendwie zu
überstehen. Für linke Parteien und Gewerkschaften bliebe dann kaum mehr, als
sich weiter um eine Einheitsfront zu bemühen und durch Protestaktionen Einfluss
zu nehmen und Verbesserungen zu erkämpfen.
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