Bielefeld (ots) - Klaus Schrotthofer, Herausgeber der "Neuen Westfälischen",
kommentiert: "Wer im Job fleißig ist, erwartet dafür eine faire Beurteilung. Wie
würden Sie reagieren, wenn Ihnen der Chef das Gehalt kürzt, weil eine andere
Abteilung Mist gebaut hat? Eben.
Mit Politikerinnen und Politikern sind wir inzwischen weniger zimperlich.
Wahltage sind zunehmend Abrechnungstage. Immer mehr Menschen kippen Ihre
Unzufriedenheit über dieses und jenes ganz pauschal in die Wahlurne. Und am
Sonntag stehen die zur Wahl, die dieser Wutreflex am härtesten trifft - die
Tausende, die sich in ihrer Freizeit in Kreis- und Gemeinderäten Woche für
Woche, oft nächtelang und meist unentgeltlich, mit den Themen beschäftigen, die
vor Ort wichtig sind: Schulen, Straßen, Verwaltung, Gewerbegebiete, Bäder,
Kultur, Energieversorgung, Nahverkehr oder Müllabfuhr. Da mag also jemand noch
so fleißig gewesen sein beim Kampf ums neue Feuerwehrhaus oder den Zuschuss fürs
Tierheim - und bekommt am Ende die Prügel für ganz andere in Berlin oder
Düsseldorf. Das ist nicht nur ungerecht. Das ist brandgefährlich, weil es die
Fleißigen frustriert und realitätsfernen Populismus fördert.
Es ist fahrlässig, die Kommunalwahl zum "Stimmungstest" für die aktuelle
Bundesregierung zu stilisieren. Medien mögen das so sehen, je nach Wahlausgang
auch manche Partei. Doch in der Sache bleibt es falsch. Wir stimmen nicht
darüber ab, wie zufrieden wir mit Merz oder Klingbeil sind. Wir entscheiden, wem
wir die Zukunft unserer engsten Umgebung anvertrauen.
Keine Frage: Das komplizierte Kompetenzgeflecht von Europa-, Bundes-, Landes-
und Kommunalrecht ist schwer zu durchschauen. Aber ein wenig Mühe darf man sich
beim Wählen schon geben. Wer etwa die rechtsextreme AfD ankreuzt, weil er das
christliche Abendland in Gefahr wähnt, wird die Christenheit im Stadtrat von
Bielefeld, Paderborn oder Espelkamp nicht retten. Er sorgt nur dafür, dass
Menschen in die Räte ziehen, die noch nirgends mit konstruktiven Vorschlägen für
eine bessere Stadtentwicklung aufgefallen sind. Wer sich an Berlin rächen will
und deshalb erfahrene Kommunalpolitiker ignoriert, wird deren Erfahrung
spätestens vermissen, wenn es darum geht, knappe Ressourcen bestmöglich
einzusetzen, damit Schulen funktionieren, Verkehrswege saniert und neue
Energieleitungen verlegt werden.
Wir sollten also am Sonntag wählen gehen und dabei so gerecht sein, wie wir es
selbst erwarten würden. Wer hat tatsächlich etwas geleistet in den vergangenen
Jahren und wer fällt nur mit Sprüchen auf? Wer hat Ideen, die sich im Kreis oder
der Gemeinde umsetzen lassen und wer verkauft Weltanschauung als
Kommunalpolitik? Die vielen Fleißigen auf den Wahlzetteln haben diese
Gerechtigkeit verdient. Und von denen profitieren wir am Ende alle."
Pressekontakt:
Neue Westfälische
Newsroom
Telefon: 0521 555356
newsroom@nw.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/65487/6116770
OTS: Neue Westfälische (Bielefeld)
|