Köln (ots) - An diesem Sonntag wird Papst Leo XIV. seinen 70. Geburtstag feiern.
Zugleich ist er dann seit 129 Tagen Bischof von Rom. Der Kurs, den er an der
Spitze der katholischen Kirche steuern wird, ist nicht in jeder Hinsicht
absehbar, aber eines kann man feststellen: Robert Prevost lässt es ruhiger
angehen als sein Vorgänger. Berichte aus dem Vatikan haben an Unterhaltungswert
verloren.
Bei Papst Franziskus folgte ein Tabubruch dem anderen. Dass Leo diesen Stil
nicht fortsetzt, findet in konservativen Kreisen viel Beachtung, aber was sollte
er sonst tun? Aus dem Rollenbild fallen kann ein Papst nur, soweit es noch ein
Rollenbild gibt. Und fürs Setzen eigener Akzente bleibt ihm genug Zeit, denn Leo
XIV. ist jünger als seine beiden letzten Vorgänger ins Amt gekommen.
Dass er sich Zeit lässt und genau überlegt, was er sagt, stärkt seine
Glaubwürdigkeit in politischen Fragen: Während Franziskus sich missverständlich
über die russische Aggression gegen die Ukraine äußerte, hat Leo XIV. dem
überfallenen Land klar seine Solidarität versichert - aber mit Worten, die nicht
jede Tür für Vatikan-Diplomaten in Russland zuschlagen. Und den Anhängern Donald
Trumps werden die Worte in den Ohren klingen, die der US-Bürger Leo zu Migration
und Klimaschutz findet. Trotzdem wahrt er auch hier die Contenance. Nur laufen
abgewogene Äußerungen in sozialen Medien schlechter als schrille Statements.
In einem speziellen Fall, beim Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, hatte auch
Franziskus sich viel Zeit gelassen. Und Leo? Der weiß als Kanonistikprofessor
erst recht, dass der Papst sich als Herr des Kirchenrechts nicht an Fristen
halten muss, etwa die längst verstrichenen 30 Tage zur Entscheidung über die
Behandlung einer Anzeige gegen den Erzbischof.
Dass Leo auf Woelkis Wunsch an diesem Wochenende einen päpstlichen Legaten zur
Feier eines Wallfahrtsjubiläums in die "berühmte Stadt und Erzdiözese Köln"
schickt, dürfte aber als Zeichen der Verbundenheit zu verstehen sein. Als
Signal, dass der Papst sich in einer so wichtigen Personalfrage nicht mit
Unterschriftenlisten treiben lässt. Woelkis Kritiker mögen das bedauern, aber
eines können sie Leo XIV. nicht absprechen: Er agiert ruhig und besonnen. Zu
hoffen ist, dass er mit dieser Gelassenheit Risse in der Kirche heilt, bevor sie
zum offenen Bruch werden.
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