Berlin (ots) - Das Baurecht hat es mit vielen Fallkonstellationen zu tun. Das
Spektrum reicht von dem Verbot "wilden" Bauens über den Denkmal- und
Umweltschutz bis hin zur Erteilung bzw. Verweigerung von Baugenehmigungen.
Häufig geht es für die Betroffenen dabei um vieles - schlimmstenfalls um den
Abriss eines bereits gebauten Gebäudes. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS
stellt in seiner Extra-Ausgabe einige Baurechtsurteile vor.
Es kommt immer wieder vor, dass die Baubehörde eine Nutzungsuntersagung für eine
bestimmte Immobilie ausspricht. Im konkreten Fall wurde dies gegenüber Mietern
einer Wohnung getan, weil ein Grenzabstandsverstoß vorlag. Das
Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (Aktenzeichen 1 ME 158/24) entschied, dass
den Mietern allerdings eine Frist zur Befolgung eingeräumt werden müsse, die der
gesetzlichen Kündigungsfrist entspreche.
Bevor in einem allgemeinen Wohngebiet eine Baugenehmigung für eine Sisha-Bar
erteilt wird, muss von der Baugenehmigungsbehörde geprüft werden, ob dieses
Vorhaben dem Gebot der Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft gerecht wird. Unter
anderem kann dazu nach Ansicht des hessischen Verwaltungsgerichtshofes
(Aktenzeichen 4 B 1729/24) ein Prognosegutachten über den möglichen Lärm
erstellt werden. Auch Vorgaben und Auflagen sind denkbar, die den zu erwartenden
Lärm mindern.
Im Baurecht spielt es bei der Genehmigung von Bauvorhaben durchaus eine Rolle,
wer zuerst da war und deswegen auf die älteren Ansprüche verweisen kann. So hob
das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 4 K 8859/22) eine Baugenehmigung
für ein Wohngebäude auf, weil etwaige Lärmkonflikte mit dem bereits seit Langem
bestehenden Biergarten nicht geprüft wurden. (Weiterer Hinweis: Da das Urteil
vom 26.08.2024 stammt und als "Nachfolgeinstanz" das Oberverwaltungsgericht NRW,
Aktenzeichen 10 A 2039/24 angegeben ist, gehen wir davon aus, dass das VG-Urteil
noch nicht rechtskräftig ist. Dies konnten wir aber nicht verifizieren.)
Manche Nachbarschaften sind von ganz bestimmten äußeren Umständen geprägt. Von
einer Anlegestelle für Fahrgastschiffe etwa gehen erfahrungsgemäß gewisse Licht-
und Lärmemmissionen aus. Ein Anlieger wandte sich gegen die Planungsgenehmigung.
Das Verwaltungsgericht Trier (Aktenzeichen 9 K 3716/24) entschied, das sei
umgebungsbedingt hinzunehmen. Die Gesamtbelastung sei "als nicht relevant
anzusehen", da die Umgebung in der sich das Wohnhaus befindet, seit Jahren durch
den intensiven Schiffsverkehr und Publikumsandrang geprägt sei.
Wer ist eigentlich ein Nachbar? Das ist eine Frage, die sich im Baurecht immer
wieder stellt. Der Verwaltungsgerichtshof München (Aktenzeichen 1 ZB 23.2316)
stellte klar, dass nicht nur unmittelbar an ein Baugrundstück grenzende Anwesen
dafür in Frage kommen, sondern auch andere Grundstücke, die in relevanter Weise
im Einwirkungsbereich des Vorhabens liegen. Wichtig ist, ob belastende
Auswirkungen auf die Nachbarn zu befürchten sind.
Für das Erteilen einer Baugenehmigung sind gewisse Voraussetzungen unabdingbar.
Wenn Bauvorlagen fehlen oder unvollständig sind, so dass Gegenstand und Umfang
des Vorhabens gar nicht genau zu bestimmen sind, dann ist die Genehmigung
aufzuheben. Das Verwaltungsgericht München (Aktenzeichen M 1 SN 25.993) befand,
aufgrund der Unvollständigkeit der Unterlagen könne die Verletzung von
Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden.
In einer alternden Gesellschaft spielt die Barrierefreiheit von Immobilien eine
zunehmend größere Rolle. Wenn eine Baubeschreibung vorsieht, dass eine Wohnung
im Erdgeschoss barrierefrei errichtet werden soll, dann betrifft das
selbstverständlich auch die Höhe der Türschwellen einer zum
Gemeinschaftseigentum gehörenden Terrasse. Acht Zentimeter seien zu hoch,
urteilte das Oberlandesgericht Brandenburg (Aktenzeichen 10 U 54/24).
Bei anerkannten Baudenkmälern ist planungsrechtlich dem Grundsatz nach von einem
Erhaltungsinteresse auszugehen. Regelmäßig liegen demnach "gewichtige Gründe"
vor, den bisherigen Zustand beizubehalten. Das Verwaltungsgericht Augsburg
(Aktenzeichen 5 K 23.933) stellte fest, lediglich bei unbedeutenden
Baudenkmälern oder bei minimalen Beeinträchtigungen seien solche gewichtigen
Gründe zu verneinen. Der Einschätzungen des Landesamts für Denkmalpflege komme
dabei erhebliche Bedeutung dazu.
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