Leipzig (ots) - Das Bundeskabinett hat ein neues Wehrdienstgesetz beschlossen.
Nun debattiert Deutschland über das Für und Wider einer möglichen Rückkehr zur
Wehrpflicht. Wie berechtigt sind die Ängste der Wehrdienstgegnerinnen und
-gegner? Mit welchen Mitteln will die Bundeswehr mehr Freiwillige gewinnen, und
welche Folgen hätte es, ließe man die Bundeswehr einfach, wie sie ist? Das ist
Thema einer neuen "exactly"-Reportage, die ab 15. September, 17 Uhr in der ARD
Mediathek verfügbar ist, sowie im Bürgertalk "Fakt ist!" am Mittwoch, 17.
September, 20.45 Uhr im MDR-Fernsehen sowie im Livestream auf mdr.de.
Ab 2027 müssen alle jungen Männer zur Musterung - egal, ob sie danach dienen
wollen oder nicht. Damit will die Bundeswehr nach eigenen Angaben einen
Überblick über potenziell verfügbares Personal gewinnen. Für Frauen gilt diese
Pflicht zur Musterung nicht.
Um fast 80.000 Soldatinnen und Soldaten soll die Bundeswehr in den kommenden
zehn Jahren wachsen. Zur Begründung wird die veränderte Sicherheitslage in
Europa angeführt, die die deutsche Armee vor neue Aufgaben und Herausforderungen
stelle, auch bei ihren Verpflichtungen im Rahmen der NATO. Zudem wird damit
gerechnet, dass die Truppe auch im Falle von Naturkatastrophen künftig häufiger
zum Einsatz kommt. Ohne "personellen Aufwuchs", wie es aus dem
Verteidigungsministerium heißt, sei dies nicht zu machen.
Einen Zwang zum Wehrdienst gibt es mit dem neuen Gesetz vorerst weiterhin nicht.
Und doch sorgt es für Diskussionen. Denn ob in Zukunft allein Freiwilligkeit
ausreichen wird, die Sollstärke der Bundeswehr anzuheben, wird vielfach
bezweifelt. Während die einen beklagen, es sei ein Fehler gewesen, die
Wehrpflicht auszusetzen, fordern andere, es dürfe kein "Zurück" zum
verpflichtenden Wehrdienst geben.
"exactly" zum Thema: "Bundeswehr: Jugend an die Waffe"
Wie die Bundeswehr darum kämpft, genug Freiwillige für den Wehrdienst zu
bekommen, und welche Kritik das auslöst, beleuchtet die "exactly"-Reportage von
Rozhyar Zolfaghari und Matilda Sonntag.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat Begriffe wie "Zeitenwende" und
"Kriegstüchtigkeit" in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Auch die massive
Werbung der Bundeswehr - analog und digital - sorgt dafür, dass insbesondere in
Familien mit jugendlichen Kindern wieder über Verteidigung, Musterung und
Verweigerung gesprochen wird.
Der 19-jährige Fabien B. aus Salzwedel macht sich am Tag der offenen Tür des
Gefechtsübungszentrums Heer in Gardelegen ein eigenes Bild. Er spielt mit dem
Gedanken, bei der Bundeswehr in die Berufsfeuerwehr einzusteigen. Im
Verteidigungsfall wäre er bereit, für Deutschland zu kämpfen. Der erhöhten
Gefahr ist er sich dabei bewusst: "Also an der Front kann es ja wirklich sein,
dass man stirbt. Das gehört aber dazu. Aber wenn jetzt das Heimatland
angegriffen wird, dann steht das für mich gar nicht zur Frage. Dann geh ich zur
Bundeswehr, dann sage ich Bescheid und dann sollen sie mich ausbilden und dann
geht es für mich los. Dann gebe ich mein Leben."
Die Bundeswehr wirbt mit Social-Media- und Plakatkampagnen, präsentiert sich als
moderner Arbeitgeber - alles, um junge Menschen für den Dienst zu gewinnen. Die
Werbemaßnahmen zeigen offenbar Wirkung: Das vergangene Jahr war das
einstellungsstärkste Jahr seit fünf Jahren im militärischen Dienst.
Es regt sich jedoch auch Widerstand. Die größte Sorge von Manja Mück aus Königs
Wusterhausen ist, dass die Wehrpflicht zurückkommen könnte. Darum hat sie eine
Elterninitiative ins Leben gerufen und erklärt dazu: "Ich bin gegen die
Wehrpflicht. Absolut. Meine Kinder gebe ich nicht." Mit ihren blauen Briefen,
die sie in hunderte Briefkästen einwirft, möchte sie andere Eltern aufrütteln.
So auch Aktivist und Politologe Michael Schulze von Glaßer vom Bündnis "Unter 18
nie!". Auf der Gegendemonstration zum ersten Nationalen Veteranentag kritisiert
er insbesondere die Außendarstellung der Bundeswehr: "Wichtige Themen wie Tod
und Verwundung werden da nicht angesprochen." Überhaupt ärgert es ihn, dass
gezielt Minderjährige auf Social Media angesprochen werden.
Konteradmiral Axel Schulz kann diese Kritik nicht nachvollziehen, weil er der
Meinung ist, dass die Bundeswehr letzten Endes die Realität zeigt und junge
Menschen dort erreicht und informiert, wo sie sich am meisten aufhalten, also im
Internet. Zudem geht er fest davon aus, dass genug Freiwillige "durch
sinnstiftenden Dienst, durch gute Führungskultur, durch monetäre Anreize und
durch gute Aus- und Weiterbildung" für den Dienst gewonnen werden können.
"exactly" - zu sehen ab 15. September 2025, 17.00 Uhr, in der ARD Mediathek
sowie am Mittwoch, 17. September, ab 20.15 Uhr im MDR-Fernsehen.
"Fakt ist!" aus Magdeburg diskutiert über:
"Zurück zur Wehrpflicht? Zeitenwende für Deutschlands Jugend"
Deutschland debattiert über das Für und Wider einer möglichen Rückkehr zur
Wehrpflicht. Direkt im Anschluss an die lineare Ausstrahlung der
"exactly"-Reportage diskutiert die Runde im MDR-Bürgertalk "Fakt ist!" aus
Magdeburg.
Die "Front" der Pro- und Contra-Debatte verläuft zwischen Jung und Alt. Umfragen
zufolge sind die Älteren mehrheitlich dafür, die Wehrpflicht wieder einzuführen.
Umgekehrt bei den Jugendlichen, die davon betroffen wären: Hier sind etwa zwei
Drittel dagegen. Sie beklagen vor allem, dass sie nicht gefragt würden. Und der
Verband "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen"
registriert bereits ein deutlich gestiegenes Interesse daran, den Kriegsdienst
zu verweigern.
Braucht Deutschland wieder die Wehrpflicht? Wie berechtigt sind die Ängste der
Wehrdienstgegnerinnen und -gegner? Und welche Folgen hätte es, ließe man die
Bundeswehr einfach, wie sie ist? Über diese und andere Fragen diskutiert Stefan
Bernschein mit folgenden Gästen:
- Jens Lehmann, CDU, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages,
- Desiree Becker, Die Linke, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages,
- Lucienne Balke, Vorsitzende des Landesschülerrates Sachsen-Anhalt sowie
- Marcel Bohnert, Oberstleutnant der Bundeswehr, Bundeswehrverband.
Bürgerreporterin Friederike Schicht spricht mit Befürwortern und Gegnern der
Wehrpflicht im Studiopublikum. Zuschauerinnen und Zuschauer zuhause können
mitdiskutieren im Live-Chat auf mdr.de.
Pressekontakt:
Thomas Ahrens, MDR-Landesfunkhaus Sachsen-Anhalt, Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit, Tel. (0391) 539 21 21
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