Bielefeld (ots) - Zum Ergebnis der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen
kommentiert NW-Autor Carsten Heil: "Schon am Morgen danach schließen sich die
demokratischen Kräfte gegen die rechtsextreme AfD zusammen. Das haben Sarah
Philipp für die SPD und Hendrik Wüst für die CDU als Landesvorsitzende am Morgen
nach der Kommunalwahl und schon vor den Gremiensitzungen erklärt.
Bei den am 28. September bevorstehenden Stichwahlen tritt in drei Städten die
AfD gegen CDU- beziehungsweise SPD-Kandidaten an: Gelsenkirchen, Duisburg und
Hagen. Die Zusammenarbeit von CDU und SPD ist da einerseits ein gutes Zeichen.
Wenn Demokraten gegen Nicht-Demokraten zusammenstehen, leisten sie einen Dienst
an der Zukunft. Denn nur weil die AfD in einer demokratischen Wahl gewählt
wurde, ist sie keine demokratische Partei.
Der Bielefelder Wissenschaftler Wilhelm Heitmeyer hat das jüngst in einem
Wissenschaftsband gemeinsam mit Kollegen wieder aufgezeichnet. Die AfD - einmal
an der Macht - würde die Institutionen destabilisieren. Und das ist andererseits
die schlechte Nachricht. So wie die Notwendigkeit der demokratischen
Zusammenarbeit.
Eine Partei, die nach dem Vorbild des Ungarn Orban und auch von US-Präsident
Trump, stabilisierende Regeln wie Justiz, Medien, Verwaltungen unter Druck
setzen würde, hat in NRW insgesamt 14,5 Prozent der Stimmen geholt. Und das,
obwohl sie mangels Kandidaten gar nicht überall angetreten ist.
Es geht ihr nicht um einen anderen Politikansatz oder andere Vorschläge zur
Lösung der bekannten Probleme. Der AfD geht es um ein anderes Gemeinwesen, um
einen anderen Staat.
Das kann niemandem gleichgültig sein. Es liegt aber in der Verantwortung der
altbekannten Parteien. In der Tat ist der Zeitgeist über die Grünen
hinweggegangen. Ihre Themen haben keine politische Konjunktur mehr, auch wenn
sie in der Realität nach wie vor Bestand haben, sogar drängender werden. Aber
warum nicht? Das ist gar nicht mal die "Habeck-Delle" mit ihrem verunglückten
und vor allem schlecht kommunizierten Heizungsgesetz.
Die Grünen wollten aus vielen NRW-Kommunen Autos mit Vorschriften und Gewalt
verbannen. Das nur als ein Beispiel. Es ist ihnen seit 2020 nicht gelungen, die
in ihrem Politikansatz vorhandenen Chancen deutlich zu machen. Die
Vorschrifteritis und Besserwisserei hat den Grünen schwer geschadet. Es ist
nicht ein wie auch immer gearteter Zeitgeist, die Grünen haben ihre Chance nicht
genutzt.
Der SPD geht es nicht viel besser. Politik für einzelne Minderheiten macht noch
keine Mehrheit. Wenn dann noch Fehler im Management des Alltags hinzukommen,
summieren sich die Verluste bei Wahlen.
Die Debatten ums Bürgergeld und auch gesellschaftliche Fragen sind wichtig, aber
nicht im Kernfokus der SPD-Wählerschaft. Und wenn, dann eher wegen
Bürgergeldbetrugs. Da sind Themen wie Mieten, Wirtschaft, Bildung und Sicherheit
eher von Bedeutung. Und wem Bürgergeld wichtig ist, schlägt sich dann vielleicht
doch eher gleich zur Linken. Dabei ist es unwichtig, ob es um Bundes-, Landes-
oder Kommunalpolitik geht.
Und die CDU? Es scheint so, dass sie mit unauffälliger Politik, den ländlichen
Raum sowieso, aber auch einige urbane Regionen gewinnen konnte. Sie ist damit
der stabilisierende Anker im Land. Mit SPD, CDU und Grünen zusammen ist NRW
deutlich weiter in der Mitte als andere Regionen Deutschlands. Das werden die
Stichwahlen bestätigen. Die Mitte in NRW ist stärker als gedacht."
Pressekontakt:
Neue Westfälische
Newsroom
Telefon: 0521 555 356
newsroom@nw.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/65487/6118286
OTS: Neue Westfälische (Bielefeld)
|