Köln (ots) - Ein Ergebnis, das "uns nicht ruhig schlafen lassen kann": Aus der
Kommunalwahl-Bilanz von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ist es dieser
Satz über das Abschneiden der AfD, der über den Tag hinaus haftenbleibt.
Wüst mag den - mit großen Schönheitsfehlern behafteten - Sieg seiner Partei im
Wettlauf um Platz 1 im Land feiern. Die SPD soll gern darüber erleichtert sein,
dass es für sie schlimm, aber nicht so schlimm wie bei der Bundestagswahl vor
einem halben Jahr gekommen ist, und die Grünen dürfen sich ihr landesweites
Debakel mit Hinweis auf Köln und Münster schönreden. All das kann man morgen zu
den Akten nehmen. Nur die Herausforderung AfD bleibt.
Gewiss wird die mit Rechtsextremisten durchsetzte Partei keinen ihrer Kandidaten
in Stichwahlen durchbringen können. Die Rechtsausleger werden auch in Räten und
Kreistagen nicht den Ausschlag geben, egal ob AfD-Landesschef Martin Vincentz
höhnisch vom bevorstehenden Fall der Brandmauer spricht. Keine demokratische
Partei wird Vorschläge einbringen, die nur mit AfD-Zustimmung durchsetzbar
wären. Stimmen für die AfD sind politisch verloren.
Aber auch wenn die Mauer hält, wird die Anwesenheit deutlich gestärkter
AfD-Fraktionen die Entscheidungsfindung erschweren. Das Ziel, Mehrheiten ohne
die AfD zu finden, lässt so problematische Konzepte wie ein rot-rot-grünes
Bündnis für Köln in den Bereich des Denkbaren rücken.
Für die AfD sind solche Zwangslagen der anderen ein Hauptgewinn. Mangels
kommunalpolitischer Expertise und angesichts ihrer Zerrissenheit zwischen
Rechten, Ultrarechten und Rechtsextremisten wäre diese Partei gar nicht in der
Lage, Politik in Gemeinden und Kreisen zu gestalten. Aber je schwerer sich die
anderen tun, desto besser ist es für die Regionalpaladine von Alice Weidel und
Tino Chrupalla. Ist es doch ihr Geschäft, Sand ins Getriebe zu streuen. Die AfD
lebt davon, unser politisches System auf allen Ebenen - von der Kommune bis zur
Staatsspitze - als dysfunktional hinzustellen.
Umso mehr müssen die Vertreter der demokratischen Mitte ihren Job machen. Wenn
einige von ihnen glauben, es gehe nicht ohne die Linken, müssen sie zumindest
nach dem Prinzip "Trau-Schau-Wem" verfahren, denn die
Sozialismus-Verherrlichung, die DDR-Verharmlosung und das Nebelwerfen beim Thema
Antisemitismus gehen in dieser Partei auf Bundesebene über das Maß des
Erträglichen hinaus.
Vor allem aber müssen sie endlich allgemein relevante Probleme wie öffentliche
Verwahrlosung oder die viel zu geringe Zahl von Wohnungsneubauten angehen. Dabei
dürfen sie sich keine Illusionen machen: Die AfD wird sich sowieso immer wieder
neue Angriffspunkte suchen, und zwar selten auf originär kommunalem Gebiet. Wir
kennen das von dieser Partei: erst die Euro-Debatte, dann die Migrationsfrage,
dann das Lecken von Wladimir Putins Schuhen, schließlich das Sonnen in der
Großartigkeit von Donald Trump und Elon Musk.
So wird die AfD weiter von Thema zu Thema springen, und ihre Anhänger springen
mit, einfach weil ihnen unsere offene Gesellschaft nicht passt.
Kommunalpolitiker aller demokratischen Parteien haben dagegen die Chance,
nachzuweisen, dass diese offene Gesellschaft uns allen ein gutes Leben
ermöglicht. Das wird den harten Kern der AfD-Anhänger nicht zurückholen, aber es
sollte die immer noch große Mehrheit der Gemäßigten überzeugen.
Pressekontakt:
Kölnische Rundschau
Raimund Neuß
Telefon: 0221/1632-555
print@kr-redaktion.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/70111/6118296
OTS: Kölnische Rundschau
|