Wiesbaden (ots) - Steigende Lebenshaltungskosten bereiten gut jedem zweiten
Deutschen große Sorgen. Diese Furcht belegt Platz eins der repräsentativen
Studie "Die Ängste der Deutschen 2025" des Infocenters der R+V Versicherung. Vor
der Politik von US-Präsident Donald Trump fürchten sich dagegen 45 Prozent der
Befragten. Insgesamt blicken die Deutschen weniger besorgt auf die Welt als im
Vorjahr.
Reicht mein Geld auf Dauer zum Leben? Nein, fürchten die Deutschen. Die Mehrheit
(52 Prozent) glaubt, dass die Lebenshaltungskosten immer weiter steigen. "Obwohl
die Inflation abgeflacht ist, bleibt sie für die Deutschen ein Schreckgespenst.
Sie spüren deutlich, wie die Preise für Energie, Nahrungsmittel und
Dienstleistungen weiter anziehen", sagt Studienleiter Grischa
Brower-Rabinowitsch. "Die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten belegt schon
zum 15. Mal Platz eins der Studie." Insgesamt dominieren in diesem Jahr
finanzielle Themen: Auf Platz drei liegt die Angst vor Steuererhöhungen oder
Leistungskürzungen (49 Prozent), auf Platz vier folgt die Furcht vor
unbezahlbarem Wohnraum (48 Prozent). Aber auch politische Sorgen spielen 2025
eine wichtige Rolle.
Überraschend niedriges Angstniveau
Angesichts weltweiter Krisen und Unsicherheiten eine überraschende Nachricht:
Fast alle Sorgen sind in diesem Jahr leicht gesunken. Der Angstindex - der
durchschnittliche Wert aller gemessenen Ängste - fällt deutlich auf 37 Prozent
(2024: 42 Prozent). Das zeigt die repräsentative Studie "Die Ängste der
Deutschen 2025". Bereits zum 34. Mal hat die R+V insgesamt 2.400 Menschen nach
ihren größten Sorgen rund um Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt und
Gesundheit befragt. "Ein noch niedrigeres Angstniveau haben wir erst einmal in
der Geschichte unserer Langzeitstudie gemessen", berichtet Brower-Rabinowitsch.
Im Jahr 2021 - während der Corona-Pandemie - lag der Angstindex bei 36 Prozent.
"Die Menschen werden ständig mit multiplen Krisen konfrontiert, denen sie
ohnmächtig gegenüberstehen. Die Deutschen haben sich an diesen Zustand gewöhnt,
sie sind krisenmüde", erklärt Professorin Dr. Isabelle Borucki. Die
Politikwissenschaftlerin an der Philipps-Universität Marburg begleitet die
R+V-Studie als Beraterin. "Dieser Rückgang bedeutet nicht, dass die Menschen
sorglos sind. Vielmehr richtet sich ihr Fokus auf das Hier und Jetzt - und
besonders auf die eigene finanzielle Situation."
Große Angst vor Steuererhöhungen
Auf Platz drei: Die Angst, dass der Staat wegen der hohen Schuldenlast dauerhaft
Steuern erhöht oder Leistungen kürzt (49 Prozent). "Die Kassenlage im
Bundeshaushalt ist mau, die Wirtschaft schwächelt. Fast die Hälfte der Deutschen
fürchtet, dass der Staat mit Abgaben und Kürzungen gegensteuert", sagt
Brower-Rabinowitsch. Dringenden politischen Handlungsbedarf sieht Professorin
Borucki: "Die Bundesregierung muss das Vertrauen in ihre Finanzpolitik
zurückgewinnen. Wer soziale Sicherheit verspricht, muss auch verlässlich
liefern. Sonst entsteht Raum für Politikverdrossenheit - oder radikale
Alternativen."
Sozialen Sprengstoff berge auch die Angst, dass Wohnen unbezahlbar wird (48
Prozent, Platz vier). "Der Wohnungsmarkt ist weiter hart umkämpft, es braucht
mehr sozialen Wohnungsbau, mehr bezahlbares Eigentum und schnellere
Genehmigungsverfahren", fordert Politikwissenschaftlerin Borucki.
Migrationssorgen: erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West
Die Migrationspolitik hat eine große Rolle im Wahlkampf 2025 gespielt. Das Thema
ist weiter präsent, das Vertrauen in Lösungen gering. Fast die Hälfte der
Bevölkerung (49 Prozent) fürchtet, dass die Zahl der Geflüchteten den Staat
überfordert - Platz zwei der Studie (2024: 56 Prozent). Auf Platz sieben
rangiert mit 45 Prozent die Angst, dass es durch weiteren Zuzug aus dem Ausland
zu Spannungen kommt (2024: 51 Prozent). Beide Sorgen sind im Vergleich zum
Vorjahr spürbar zurückgegangen und bei beiden Ängsten gibt es erhebliche
Unterschiede zwischen Ost und West. 56 Prozent der Ostdeutschen befürchten, dass
der Staat durch die Geflüchteten überfordert ist, im Westen sind es 47 Prozent.
Die Angst vor Konflikten durch weitere Zuwanderung liegt im Osten bei 51 Prozent
und im Westen bei 43 Prozent.
US-Präsident Trump verliert deutlich an Schrecken
Kaum ein Tag ohne Schlagzeilen aus den USA. "Viele Deutsche - insgesamt 45
Prozent - fürchten, dass die Politik von Donald Trump die Welt gefährlicher
macht", sagt Studienleiter Brower-Rabinowitsch. "Im Vergleich zur ersten
Amtszeit hat Trump für die Befragten aber deutlich an Schrecken verloren." Der
bisherige Höchstwert der Furcht war im Jahr 2018. Damals belegte sie mit 69
Prozent Platz eins im Ängste-Ranking, heute landet sie auf Platz sechs. "Die
nachlassende Angst lässt sich mit Abstumpfung, Ernüchterung und Resignation
angesichts des Trump'schen Politikstils erklären", konstatiert Professorin
Borucki.
Im Ranking noch vor der Trump-Angst landet die Sorge, dass weltweit autoritäre
Herrscher immer mächtiger werden (47 Prozent, Platz fünf). Das ist die einzige
Angst, die in diesem Jahr gestiegen ist - wenn auch nur minimal um einen
Prozentpunkt.
Vertrauensgewinn in die deutsche Politik
Vorgezogene Bundestagswahl im Februar, der Regierungswechsel zu Schwarz-Rot: Wie
stehen die Deutschen zu ihren Politikern und Politikerinnen? "42 Prozent der
Bevölkerung fürchten, dass die Politik von ihren Aufgaben überfordert ist",
erklärt Brower-Rabinowitsch. "Vor einem Jahr waren es noch 49 Prozent - das ist
also ein Vertrauensgewinn." Dabei blickt der Osten viel kritischer auf die
Politik als der Westen (Ost: 50 Prozent; West: 40 Prozent). Verbessert haben
sich die Schulnoten für die Politiker und Politikerinnen in Regierung und
Opposition: von 4,0 im Vorjahr auf 3,8 in diesem Jahr. "Auf diesem Ergebnis darf
sich die Politik nicht ausruhen. Sie braucht das Vertrauen einer breiten
Mehrheit, um das Land durch die komplexen Krisen zu führen", mahnt Professorin
Borucki.
Furcht vor Spaltung der Gesellschaft
Bemerkenswert: Am stärksten zurückgegangen ist die Angst vor einer Spaltung der
Gesellschaft. 39 Prozent der Deutschen fürchten, dass die Spaltung zunimmt und
zu Konflikten führt (Platz zwölf). 2024 lag diese Furcht noch mit 48 Prozent auf
Platz sieben. "Eine konfliktgeladene Öffentlichkeit ist für viele inzwischen zum
Alltag geworden. Spaltung wird als Dauerzustand erlebt. Eine solche
Normalisierung ist gefährlich", analysiert Politikwissenschaftlerin Borucki.
Erstmals hakt die R+V-Studie nach: Welche Art von gesellschaftlicher Spaltung
meinen die Befragten? 72 Prozent fürchten eine Spaltung zwischen Menschen mit
und ohne Migrationshintergrund. "Hier geht es nicht um Zuwanderungspolitik,
sondern um gesellschaftliche Identität, kulturelles Miteinander und
Zugehörigkeit", erklärt Professorin Borucki. Am zweithäufigsten wurde mit 58
Prozent die Trennungslinie zwischen Arm und Reich genannt. An dritter Stelle
folgt die Haltung für oder gegen demokratische Werte mit 57 Prozent. "Die
Polarisierung im Demokratieverständnis ist ein deutliches Warnsignal. Das
Vertrauen in demokratische Institutionen ist brüchiger geworden", kommentiert
die Politikwissenschaftlerin. Überraschend: Eine Spaltung zwischen Ost und West
ängstigt nur 22 Prozent der Befragten.
Weitere Ergebnisse der R+V-Studie in Kurzform:
- Angst vor Krieg mit deutscher Beteiligung (Platz 9): Der Angriffskrieg gegen
die Ukraine dauert an. Die Angst, Deutschland könnte zur Kriegspartei werden,
stagniert mit 41 Prozent auf hohem Niveau. Im Jahr vor Kriegsbeginn lag sie
noch bei 16 Prozent.
- Angst vor schlechter Wirtschaftslage (Platz 10): Trotz unsicherer Prognosen
lässt die Angst vor einer Rezession nach. Sie fällt im Vergleich zum Vorjahr
um sieben Prozentpunkte: 41 Prozent der Befragten befürchten eine Rezession.
- Angst vor politischem Extremismus (Platz 11): Im Vergleich zu 2024 ist die
Furcht vor politischem Extremismus um sechs Prozentpunkte auf 40 Prozent
gesunken. Bemerkenswert sind die Ausprägungen: Die Angst vor rechtem
Extremismus ist gestiegen (2025: 43 Prozent, 2024: 38 Prozent) und liegt damit
vor der Angst vor Islamismus.
- Angst vor Pflegebedürftigkeit (Platz 13): Etwa 5,7 Millionen Menschen in
Deutschland sind pflegebedürftig, die Zahlen steigen. 39 Prozent fürchten, im
Alter auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.
- Angst vor Naturkatastrophen (Platz 15) und Klimawandel (Platz 16): Der
Bergsturz in der Schweiz, extreme Hitze in Europa, der Klimawandel schreitet
fort. Trotzdem gehen die Ängste vor Naturkatastrophen (36 Prozent, 2024: 44
Prozent) und Klimawandel (36 Prozent; 2024: 42 Prozent) zurück.
- Angst vor Straftaten (Platz 25): Sie ist in diesem Jahr mit 20 Prozent die
geringste Furcht der Deutschen.
Über die Studie
"Die Ängste der Deutschen" ist die bundesweit einzige Umfrage, die sich
inzwischen zum 34. Mal mit den Sorgen der Bevölkerung befasst. Seit 1992 befragt
das R+V-Infocenter jährlich in persönlichen Interviews rund 2.400 Männer und
Frauen der deutschsprachigen Wohnbevölkerung im Alter ab 14 Jahren nach ihren
größten politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen
Ängsten. Die repräsentative Umfrage findet immer im Sommer statt - dieses Mal
lief sie vom 12. Mai bis zum 22. Juli 2025. Die wichtigsten Ergebnisse der
R+V-Ängste-Studie sind unter http://www.die-aengste-der-deutschen.de
aufbereitet.
Pressekontakt:
R+V-Infocenter
06172/9022-131
mailto:ruv-infocenter@arts-others.de
http://www.die-aengste-der-deutschen.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/63400/6120274
OTS: R+V Infocenter
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