München/Berlin (ots) -
- Der deutsche und europäische Abstand zu den USA und China in der Raumfahrt ist
in den vergangenen Jahren größer geworden - mit weitreichenden
gesamtindustriellen Folgen
- Zur branchenübergreifenden Stärkung der deutschen Industrie braucht es eine
neue Sichtweise auf Raumfahrt, strukturelle Reformen, größere Investitionen
und mehr Freiräume statt neuer Regularien
- Allein Deutschland muss seine öffentlichen Investitionen in die Raumfahrt im
Vergleich zur Basisprognose um 93 Milliarden Euro bis 2040 erhöhen, um den
europäischen Marktanteil von derzeit 17 auf 25 Prozent zu steigern
Die Raumfahrtindustrie ist ein Wachstumsmotor und Innovationstreiber für moderne
Volkswirtschaften. Roland Berger zeigt in seiner Studie "Aufholjagd im All" in
Kooperation mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), welche
Potenziale NewSpace für die Zukunft der deutschen Industrie eröffnet. Der
globale Markt für weltraumgestützte Infrastruktur und Dienste wird sich bis 2040
vervierfachen - von heute knapp 500 Milliarden auf 2.000 Milliarden Euro. Auch
für die deutsche Wirtschaft besteht erhebliches Potenzial, dank ihres
spezialisierten Ingenieurs-Know-how, das die Raumfahrt dringend benötigt.
Neues Mindset: NewSpace als Grundlage technologischer Führerschaft begreifen
Das Apollo-Programm der USA zeigt, was gezielte Investitionen in Raumfahrt
langfristig bewirken können. Viele seiner Errungenschaften bilden bis heute die
Basis für die technologische Führungsrolle der USA. Ein solches Mindset für die
Bedeutung und das Potenzial von Raumfahrt brauchen wir auch in Deutschland. Sie
stärkt branchenübergreifend unsere Industrie, sichert technologische
Souveränität und schafft neue Geschäftsmodelle.
Für eine Aufholjagd zu den führenden Raumfahrtnationen USA und China ist ein
echter Aufbruch nötig: Allein um den aktuellen europäischen Marktanteil von rund
17 Prozent im wachsenden Space-Markt zu halten, wären bis 2040 zusätzliche
Investitionen in Höhe von etwa 237 Milliarden Euro notwendig. Allein Deutschland
müsste seine Ausgaben im selben Zeitraum um 56 Milliarden Euro erhöhen. Um den
Marktanteil im selben Zeitraum auf 25 Prozent zu steigern, müsste Deutschland
zusätzlich 93 Milliarden Euro investieren. Die europäischen Investitionen
müssten hierfür insgesamt um 412 Milliarden Euro steigen. Neben höheren
Investitionen braucht es größere Ambitionen: Eine zielgerichtete staatliche
Nachfrage, bessere Rahmenbedingungen durch den Abbau bürokratischer Hürden, mehr
Risikofreude sowie eine klare strategische Vision - von Raumfahrt als Treiber
für technologische Führerschaft.
Investitionslücke zu internationalem Wettbewerb dringend schließen
"Die Raumfahrt ist eine Schlüsselindustrie für Europas Zukunft", sagt Stefan
Schaible, Global Managing Partner bei Roland Berger. "Wenn wir unsere Rolle in
der Welt stärken wollen, müssen wir bei der Raumfahrt vorne mitspielen.
Weltraumgestützte Technologien sind Treiber für Wachstum und Sicherheit
gleichermaßen. Dafür braucht es Investitionen, Geschwindigkeit in Prozessen und
die klare Vision, global eine führende Position einzunehmen."
Wie groß der Nachholbedarf ist, zeigt ein Blick auf die Investitionslücke, die
den deutschen Raumfahrt-Sektor im Vergleich zu den USA und China bisher stark
bremst. Die öffentlichen Ausgaben für Weltraumprojekte lagen in Deutschland bei
rund 2,5 Milliarden Euro in 2024. Die bereits führende Raumfahrtnation USA
investierte 72 Milliarden Euro. Auch China steigert seine Ausgaben signifikant
auf rund 18 Milliarden Euro im Jahr 2024. Auch andere Raumfahrtnationen wie
Japan oder Frankreich investieren erheblich mehr als Deutschland.
Risiken durch Abhängigkeiten minimieren
Die jahrzehntelange Unterfinanzierung hat Folgen: Zum Beispiel betreibt
Deutschland derzeit nur etwas mehr als 80 eigene Satelliten, die USA dagegen
über 10.000 und China über 900 - Tendenz stark steigend. Daraus entstehen
problematische Abhängigkeiten, etwa bei der Satellitenkommunikation: Aktuell
gibt es keine deutsche oder europäische Alternative zum amerikanischen Netzwerk.
Dabei sind Daten aus dem All heute unverzichtbar - für unsere
Verteidigungsfähigkeit ebenso wie für zentrale Prozesse moderner
Volkswirtschaften, etwa das Management von Logistik und Lieferketten, für neue
Mobilitätslösungen oder Anwendungen der Industrie 4.0.
"Raumfahrt ist in einer geopolitisch unsicheren Welt weit mehr als Technologie -
sie ist notwendige sicherheitsrelevante Infrastruktur. Wer keine eigenen
Weltraumfähigkeiten besitzt, ist abhängig und verwundbar," betont BDI-Präsident
Peter Leibinger. "Zugleich eröffnet Raumfahrt deutschen Industrieunternehmen mit
ihrer Ingenieurskompetenz neue Wachstumsmöglichkeiten - von globaler
Datenkommunikation über Mondlogistik bis hin zu Space Mining. Damit Deutschland
diese Chancen nutzen kann, braucht es entschlossenes politisches Handeln:
Raumfahrt muss als strategisches Rückgrat unserer industriellen Stärke und
technologischen Souveränität verstanden werden. Gerade in einem
hochtechnologischen Feld wie der Raumfahrt muss die Politik Agilität, Mut zum
Risiko und zu Innovation fördern statt ausbremsen. Deutschland sollte aufgrund
des Dual-Use Charakters von Raumfahrt seine ESA-Investitionen deutlich erhöhen -
von drei auf sechs Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren. Von der
Ministerratskonferenz im November in Bremen sollte unter deutschem Vorsitz ein
Signal des Aufbruchs für Europa ausgehen."
Handlungsempfehlungen für die Aufholjagd
Neben Hintergrundanalysen und Berechnungen haben die Studienautoren eine Reihe
von Vorschlägen und Handlungsempfehlungen für die politischen
Entscheidungsträger ausgearbeitet, mit denen Deutschland das Rennen mit den USA
und China aufnehmen kann. An erster Stelle stehen dabei Maßnahmen, um ein
gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für die Bedeutung und die Chancen des
Themas Raumfahrt zu schaffen. Zudem sollten Staatsaufträge genauso wie
Investitionen nicht nur ausgebaut, sondern auch gezielt auf den größten
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sicherheitspolitischen und strategischen
Nutzen ausgerichtet werden.
Nationale und europäische Raumfahrtbehörden sind aufgefordert, ihre Kräfte enger
zu koordinieren und den Fokus stärker auf kommerzielle Aspekte zu legen. Damit
die NewSpace-Economy wachsen kann, braucht es in Deutschland und Europa mehr
Freiraum für Innovationen und weniger Bürokratie.
Die vollständige Studie finden Sie hier:
https://bdi.eu/publikation/news/aufholjagd-im-all
Über Roland Berger
Roland Berger ist eine weltweit führende Strategieberatung mit einem breiten
Leistungsangebot für alle relevanten Branchen und Unternehmensfunktionen. Roland
Berger wurde 1967 gegründet und hat seinen Hauptsitz in München. Die
Strategieberatung ist vor allem für ihre Expertise in den Bereichen
Transformation, industrieübergreifende Innovation und Performance-Steigerung
bekannt und hat sich zum Ziel gesetzt, Nachhaltigkeit in all ihren Projekten zu
verankern. Roland Berger erzielte 2024 einen Umsatz von rund 1 Milliarde Euro.
Über den BDI
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist die Spitzenorganisation der
deutschen Wirtschaft und vertritt die Interessen von rund 40 Branchenverbänden
und über 100.000 Unternehmen gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Der BDI ist
eine freiwillige Mitgliedsorganisation, die sich für die deutsche Industrie
einsetzt, indem sie die Positionen ihrer Mitglieder bündelt und an die politisch
Verantwortlichen in Deutschland und international kommuniziert. Der Verband
spielt eine wichtige Rolle bei der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in
der Wirtschaftspolitik und trägt so zur Stärkung des Standorts Deutschland bei.
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