Schleswig (ots) -
- Oberverwaltungsgericht Schleswig bestätigt: Kraftfahrt-Bundesamt hat
rechtswidrig verbotene Abschalteinrichtungen freigegeben
- Damit bestätigt das Gericht die Entscheidung der ersten Instanz - Revision
gegen das Urteil wurde nicht zugelassen
- Musterverfahren hat Auswirkungen auf 7,8 Millionen Dieselfahrzeuge mit
illegalen Abschalteinrichtungen und dadurch stark erhöhtem Stickoxid-Ausstoß,
die bis heute auf deutschen Straßen fahren
- DUH-Bundesgeschäftsführer Resch fordert Bundesverkehrsminister Schnieder auf,
das Kraftfahrt-Bundesamt anzuweisen, nun sofort alle betroffenen 7,8 Millionen
Diesel-Pkw der Abgasstufen Euro 5 und Euro 6a bis 6c auf Kosten der Hersteller
wirksam nachrüsten oder stilllegen zu lassen
- Mit diesem Urteil können tausende Todesfälle pro Jahr durch das
Dieselabgasgift Stickstoffdioxid vermieden werden
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat einen Durchbruch für die Saubere Luft und
Millionen durch Dieselgate geschädigte Bürgerinnen und Bürger erreicht: Das
Oberverwaltungsgericht Schleswig hat im Musterverfahren geurteilt, dass
temperaturabhängige und höhenabhängige Abschalteinrichtungen bei einem VW Golf
2.0 TDI mit dem EA 189 Motor der Abgasstufe Euro 5 unzulässig sind. Die DUH
fordert nun von Bundesverkehrsminister Schnieder und dem ihm unterstellten
Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), das Urteil sofort umzusetzen und alle Fahrzeuge mit
illegalen Abschalteinrichtungen amtlich zurückzurufen und deren Nachrüstung mit
wirksamer Abgasreinigungstechnik oder die Stilllegung auf Kosten der Hersteller
anzuordnen.
Das dem Bundesverkehrsministerium unterstellte KBA hatte VW 2016 erlaubt, dass
die entsprechenden Dieselfahrzeuge nach einem Software-Update wieder auf die
Straßen durften - obwohl weiterhin illegale Abschalteinrichtungen vorhanden
waren. Dadurch stoßen die Pkw bis heute mehr gesundheitsschädliche Stickoxide
aus als erlaubt. Jedes Jahr sterben laut Europäischer Umweltagentur allein in
Deutschland mehr als 28.000 Menschen durch Stickstoffdioxid. Das Urteil ist
wegweisend für rund 7,8 Millionen Dieselfahrzeuge der Abgasnormen Euro 5 bis 6c
mit ähnlicher Software, die noch auf deutschen Straßen unterwegs sind. Verfahren
zu 118 weiteren Genehmigungen für Betrugsdiesel diverser Hersteller sind
anhängig.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: " Das heutige Urteil ist eine
schallende Ohrfeige für alle Verkehrsminister der letzten zehn Jahre, die die
Gewinne der Autokonzerne über die Gesundheit der Bevölkerung gestellt haben.
Selbst zehn Jahre nach Dieselgate hat bisher kein Verkehrsminister die
Autohersteller für ihre betrügerischen Machenschaften zur Verantwortung gezogen,
obwohl die Unzulässigkeit der eingesetzten Abschalteinrichtungen aufgrund von
Klagen der DUH bis zum Europäischen Gerichtshof mehrfach bestätigt wurden.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder muss nun das Kraftfahrt-Bundesamt
anweisen, das Urteil zu akzeptieren und die 7,8 Millionen Betrugsdiesel-Pkw
entweder mit einem auch in den Wintermonaten wirksamen Abgasreinigungssystem
nachrüsten oder stilllegen zu lassen, samt finanzieller Entschädigung der
Fahrzeughalter durch die betrügerischen Dieselkonzerne."
Rechtsanwalt Remo Klinger: " Das Urteil hat eine große Bedeutung. Nicht nur,
dass endlich die millionenfach zu viel Schadstoffe ausstoßenden Autos
nachzurüsten sein werden, was für bessere Luft und weniger Krankheiten sorgt.
Sondern auch, weil es ein starkes Signal für unsere unabhängige Justiz ist. Eine
Justiz, bei der es nicht darauf ankommt, ob man mit dutzenden Parteivertretern
in der Verhandlung erscheint und auch nicht entscheidend ist, wieviel Geld man
in einen Prozess investieren kann. Es entscheidet allein das Recht und das
Argument."
Hintergrund:
Im April 2018 reichte die DUH Klage ein gegen die Bundesregierung, vertreten
durch das KBA. Nachdem der Europäische Gerichtshof im November 2022 die
Klageberechtigung der DUH bestätigt hatte (C 873/19), folgte im Februar 2023 das
Verwaltungsgericht Schleswig derselben Auffassung und gab der Klage statt (3 A
113/18). Dagegen legten das KBA und der beigeladene VW-Konzern Berufung ein.
Diese verhandelte nun das Oberverwaltungsgericht Schleswig und gab der DUH
Recht. Revision wurde nicht zugelassen.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, mailto:resch@duh.de
Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt, Geulen & Klinger Rechtsanwälte
0171 2435458, mailto:klinger@geulen.com
DUH-Newsroom:
030 2400867-20, mailto:presse@duh.de
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Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/22521/6125574
OTS: Deutsche Umwelthilfe e.V.
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