Berlin (ots) - Zwischenbericht zur Evaluation des Konsumcannabisgesetzes
(KCanG). Strengere Regeln für Medizinalcannabis notwendig. Missbrauch des
Medizinprivilegs gefährdet Verkehrssicherheit. TÜV-Verband veröffentlicht
Positionspapier.
Heute sind erste Ergebnisse des Zwischenberichts zur Evaluation der
Teil-Legalisierung von Cannabis veröffentlicht worden. Insbesondere mit Blick
auf die Verkehrssicherheit sind nach Ansicht des TÜV-Verbands Korrekturen
notwendig. Die derzeitige Praxis bei Medizinalcannabis gefährdet nach
Einschätzung des TÜV-Verbands die Verkehrssicherheit. "Der Konsum von Cannabis
beeinflusst die Fahrtauglichkeit erheblich", sagt Fani Zaneta, Referentin für
Verkehrssicherheit beim TÜV-Verband. "Die aktuelle Verordnungspraxis von
Medizinalcannabis führt dazu, dass immer mehr Menschen mit hohen THC-Werten im
Straßenverkehr unterwegs sind."
Steigende Verordnungszahlen verschärfen Risiken im Straßenverkehr
Daten des GKV-Spitzenverbands zeigen, dass die Zahl der Verordnungen
cannabinoidhaltiger Arzneimittel von rund 340.000 im Jahr 2020 auf über 415.000
im Jahr 2024 gestiegen ist - ein Plus von 22 Prozent. Auffällig ist, dass die
Verordnungen von Arzneimitteln und Cannabis-Blüten in Zubereitung rückläufig
sind (minus 22 Prozent bzw. minus 60 Prozent). Dagegen sind die Verordnungen von
Cannabis-Blüten und Cannabioid-haltigen Stoffen "in unverändertem Zustand" in
diesem Zeitraum gestiegen (plus 35 Prozent bzw. 266 Prozent). "Die wachsende
Zahl der Verschreibungen legt nahe, dass ärztliche Rezepte bewusst genutzt
werden, um privaten Freizeitkonsum abzusichern. Damit entsteht eine
Sicherheitslücke in unserem Verkehrssystem und gefährdet alle
Verkehrsteilnehmer", sagt Zaneta.
Seit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes im April 2024, mit dem Cannabis von der
Betäubungsmittelliste gestrichen wurde, hat sich ein florierender Onlinehandel
entwickelt. Rezepte für Medizinalcannabis lassen sich über Online-Portale ohne
persönliche Untersuchung beantragen, manchmal reicht ein einfacher Fragebogen.
Im Straßenverkehr greift im Gegensatz zum Freizeitkonsum der gesetzliche
THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Blutserum bei ärztlich verschriebenem Cannabis
nicht automatisch. Wer Medikamente bestimmungsgemäß einnimmt und keine
Ausfallerscheinungen zeigt, kann grundsätzlich als fahrtauglich gelten.
Missbrauch des Medizinprivilegs: Sicherheitslücke schließen
Das Bundesgesundheitsministerium plant bereits eine Verschärfung der Regelungen.
Ein aktueller Gesetzentwurf sieht vor, dass die Verordnung von Medizinalcannabis
künftig nur noch nach einem persönlichen Arztbesuch ausgestellt werden darf. Ein
Schritt, den der TÜV-Verband unterstützt. "Eine strengere Verordnungspraxis ist
notwendig, um den Missbrauch des Medizinprivilegs zu verhindern und die
Verkehrssicherheit zu gewährleisten", sagt Zaneta. "Diese Sicherheitslücke muss
geschlossen werden."
Neben einer Verschärfung der Verschreibungspraxis empfiehlt der Verband
Fahreignungsbegutachtungen bei Dauermedikation, verbindliche Kontrollen für
Berufskraftfahrer und gezielte Aufklärungskampagnen. Auch die Anhebung des
THC-Grenzwerts von 1,0 auf 3,5 ng/ml hält Zaneta weiterhin für problematisch:
"Dieser Schritt war verkehrspolitisch ein Fehler. Mindestens muss die MPU
bereits beim ersten Verstoß verpflichtend sein, und Mischkonsum mit Alkohol klar
verboten werden."
Ziel ist nicht, Menschen mit einer legitimen medizinischen Indikation pauschal
von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen. Es geht vielmehr darum,
diejenigen zu identifizieren, die Cannabisverordnungen nutzen, um ihren
gewohnten Konsum abzusichern und bei Verkehrskontrollen straffrei zu bleiben.
Oder den aus dem Fazit: Der TÜV-Verband fordert daher eine klare gesetzliche
Regelung, die den Schutz der Allgemeinheit in den Mittelpunkt stellt und
gleichzeitig eine differenzierte Betrachtung zwischen legitimer Medikation und
missbräuchlicher Nutzung ermöglicht. Der TÜV-Verband positioniert sich damit
deutlich für eine ausgewogene Balance zwischen medizinischer Versorgung und
Verkehrssicherheit und fordert klare Regeln, um Missbrauch und Gefährdungen im
Straßenverkehr zu verhindern.
Die ausführliche Stellungnahme finden Sie in unserem Positionspapier zum Thema
Medizinalcannabis unter http://ots.de/s77NCS
Methodik: Grundlage der Angaben zu Verordnungen von Cannabiod-haltigen
Arzneimitteln sind Daten der GKV. Sie sind abrufbar unter:
http://www.gkv-gamsi.de
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