Berlin (ots) - Deutschland reduziert lebensrettende Finanzierung für den
Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria
Die Bundesregierung will die Mittel für den Globalen Fonds für den
Finanzierungszeitraum von 2026 bis 2028 um 300 Millionen Euro kürzen.
Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan hat heute eine Summe von einer
Milliarde Euro zugesagt. Dies stellt im Vergleich zur letzten dreijährigen
Finanzierungsperiode eine Verminderung von etwa 23 Prozent dar.
Bleibt es dabei, wird dies dramatische Auswirkungen auf die globale Eindämmung
von HIV, Tuberkulose (TB) und Malaria haben. Schon allein durch die deutschen
Kürzungen würden bis zu 440.000 Menschen zusätzlich sterben. 7,8 Millionen
würden sich neu mit einem der Krankheitserreger anstecken. Das zeigen
Modellierungen auf Basis von Zahlen des Globalen Fonds.
Trumps Rückzug wird mit weiteren Kürzungen beantwortet
Nachdem die USA - bisher weltweit größte Finanzierungsquelle bei Maßnahmen gegen
HIV/Aids - ihr Engagement drastisch zurückgefahren haben, klaffen im globalen
Budget riesige Lücken. Lebensrettende Versorgungsstrukturen lösen sich in Luft
auf. Das international vereinbarte Ziel der Beendigung von Aids, TB und Malaria
bis 2030 rückt damit wieder in weite Ferne. Dabei hätte die Welt mit neuen
medikamentösen Präventionsmitteln die Möglichkeit, die jährliche
HIV-Infektionsrate von derzeit global 1,3 Millionen in den Griff zu bekommen.
Die Krankheit Aids lässt sich längst verhindern.
Dazu sagt Sylvia Urban, Vorstandsmitglied des Aktionsbündnis gegen AIDS:
"Die Kürzungen kommen in einem höchst prekären Moment. Um eine Katastrophe zu
verhindern, müssten andere zahlungskräftige Länder die Finanzierungslücken durch
den Rückzug der USA schließen, doch Deutschland tut das Gegenteil. Mit einem
Ausbau des deutschen Engagements hätte die Bundesregierung ein wichtiges Zeichen
internationaler Verantwortung gesetzt und dem weltweiten Trend der
Entsolidarisierung entgegengewirkt. Obwohl Deutschland sich gerne als 'Global
Health Champion' zeigt, wurde diese Chance vertan."
Millionen Menschenleben gerettet
Seit seiner Gründung hat der Globale Fonds mehr als 70 Millionen Menschenleben
gerettet, die Sterblichkeit von Aids, TB und Malaria um 63 Prozent gesenkt und
Community- und Gesundheitssysteme in über 100 Ländern entscheidend gestärkt.
Allein 2024 erhielten 25,6 Millionen Menschen eine lebensrettende HIV-Therapie,
7,4 Millionen wurden gegen TB behandelt, und 162 Millionen Moskitonetze
schützten Kinder und Familien vor Malaria.
Dabei gilt der Globale Fonds als eines der wirksamsten, effizientesten und
transparentesten Instrumente der globalen Gesundheit: Jeder investierte Euro
rettet Leben, stärkt Gesundheitssysteme und erzeugt einen gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Nutzen im Wert des 19-Fachen der eingesetzten Mittel. Kürzungen
an dieser Stelle sind politisch und ökonomisch kurzsichtig.
Dazu sagt Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen Aidshilfe:
"Erfolge gegen HIV und andere Infektionserkrankungen sind nur möglich, wenn die
Programme in Kooperation mit den Communitys entwickelt und umgesetzt werden.
Über 40 Jahre aufgebaute Versorgungsstrukturen werden nun leichtfertig zerstört.
Die Welt hat noch nicht begriffen, welche Gefahr durch den Kahlschlag droht: Die
globale HIV-Pandemie kann schnell wieder aufflammen - im schlimmsten Fall wieder
mit massenhaften Todesfällen. Das dürfen wir nicht zulassen!"
Fatale Folgen weltweit
Erhält der Globale Fonds in der anstehenden Finanzierungsrunde nicht die nötigen
Mittel, wird Millionen Menschen in Ländern des globalen Südens der Zugang zu
Behandlung, Prävention, Tests und Beratung entzogen werden. Frauen und Kinder
werden von Kürzungen besonders betroffen sein: Zehntausende Schwangere werden
keine Medikamente mehr erhalten, die auch eine HIV-Übertragung auf ihre Kinder
verhindern würden.
Die Folgen reichen weit über die von den Kürzungen betroffenen Länder des
globalen Südens hinaus. Sie erhöhen das Risiko unkontrollierter Ausbrüche der
Infektionskrankheiten und gefährden damit auch die globale
Gesundheitssicherheit.
Zudem schwächt Deutschland seine Rolle als verlässlicher und gestaltender
Partner in der internationalen Gesundheitsarchitektur. Gerade in einer Phase, in
der andere große Geberstaaten ihre Beiträge reduzieren und multilaterale Ansätze
unter Druck geraten, wiegt ein Rückgang des deutschen Engagements politisch
doppelt schwer.
G20-Gipfel bietet Chance zur Kurskorrektur
Positiv ist zu vermerken: Bundesministerin Reem Alabali-Radovan, ihr Ministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie engagierte Abgeordnete
im Bundestag haben sich in den Haushaltsverhandlungen gegen die ursprünglich
vorgesehene Kürzung von 450 Millionen Euro eingesetzt.
"Wir nehmen das als Zeichen, dass noch Hoffnung besteht", sagt Tilman Rüppel,
Referent für politische Anwaltschaft bei medmissio - Institut für Gesundheit
weltweit . Er verweist auf den G20-Gipfel vom 22. bis 23. November in
Johannesburg als Chance: "Was wir jetzt brauchen, sind keine Kürzungen, sondern
eine Erhöhung der Mittel für den Globalen Fonds. Die Bundesregierung darf nicht
mit leeren Händen zum Gipfel reisen, sondern kann in Johannesburg den deutschen
Beitrag nach oben zu korrigieren! Damit würde Deutschland Verlässlichkeit,
Solidarität und internationale Führungsstärke zeigen."
Dies könnte zum Beispiel auch geschehen, indem Deutschland seine globale
Führungsrolle im Schuldenumwandlungsprogramm ausbaut.
18 Milliarden US-Dollar sind das Mindeste
Für eine sichere Planung und den Schutz und Ausbau lebensrettender Programme
braucht der Globale Fonds für die kommenden drei Jahre mindestens 18 Milliarden
US-Dollar.
Gemessen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands liegt der faire
Beitrag bei 1,8 Mrd. Euro für drei Jahre. Ein Betrag unterhalb von 1,4 Mrd. Euro
würde den Fortbestand laufender, lebensrettender Programme gefährden.
Pressekontakt:
Deutsche Aidshilfe
Holger Wicht - Pressesprecher
Tel. (030) 69 00 87 - 16
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Aktionsbündnis gegen AIDS
Peter Wiessner
Tel: +49 (0) 167 82 188 269
E-Mail: mailto:wiessner@aktionsbuendnis-aids.de
http://www.aids-kampagne.de
medmissio
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Tel: +49 931 - 80 48 537
E-Mail: mailto:Kai.Fraass@medmissio.de
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OTS: Deutsche Aidshilfe
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