Berlin (ots) - Sie sind nicht zu übersehen. Bäume bestimmen häufig das
Erscheinungsbild eines Gartens. Sie spenden Schatten, sie werfen Laub ab, sie
nehmen Nachbarn die Sicht, sie stehen bei geplanten Umbauten im Wege, sie
richten im Falle eines Astbruchs erheblichen Schaden an. Das alles kann
gelegentlich auch zu einem Rechtsstreit führen. Der Infodienst Recht und Steuern
der LBS stellt einige Gerichtsurteile vor, die sich mit den "grünen Riesen"
befassen.
Wenn ein bruchgefährdeter Baum gefällt werden muss, dann kann das je nach
Umständen und örtlichen Gegebenheiten erhebliche Kosten verursachen. Ob die
Wohngebäudeversicherung dafür aufkommen muss, hängt vom Wortlaut des Vertrages
ab. Das Amtsgericht München (Aktenzeichen 155 C 510/17) lehnte dies in einem
konkreten Fall ab, weil der Baum selbst nichts beschädigt hatte, sondern nach
einem Sturm nur in Schieflage über dem Haus hing. Das war von den
Versicherungsbedingungen nicht gedeckt.
Eine sehr große Gefahr kann von Bäumen ausgehen, wenn sie so morsch sind, dass
sie als Ganzes umstürzen oder einzelne Äste abbrechen könnten. Zeichnet sich ein
derartiges Problem ab, dann haben Nachbarn gegenüber dem Baumbesitzer einen
Anspruch auf Maßnahmen zur Sicherung der Standfestigkeit. So urteilte das
Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 304 O 247/13). Im konkreten Fall hatte ein
Gutachter bereits einen nicht unerheblichen Schädigungsgrad bei den Waldkiefern
festgestellt.
Manchmal kollidieren zwei Interessen, die gleichermaßen als gesellschaftlich
wichtig betrachtet werden. So forderte ein Hausbesitzer den Rückschnitt von
geschützten Bäumen, die auf öffentlichem Grund standen, um die Effektivität
seiner auf dem Dach installierten Solaranlage zu steigern. Hier stand also der
Naturschutz gegen die Nutzung alternativer Energien. Das Verwaltungsgericht
Düsseldorf (Aktenzeichen 9 K 7173/22) verweigerte den Rückschnitt. Im Urteil
wurde darauf hingewiesen, dass es auf die Umstände des Einzelfalles ankomme.
Einen automatischen und absoluten Vorrang habe die Solarenergie nicht.
Auch in einem weiteren Rechtsstreit musste das Verwaltungsgericht Berlin
(Aktenzeichen 24 L 36/23) zwischen Grundwerten entscheiden. Es ging um Bäume auf
einer Streuobstwiese, die wegen eines Bauvorhabens gefällt werden sollten. Hier
überwog die Tatsache, dass auf der Fläche eine Gemeinschaftsschule errichtet
werden sollte. Schulbauten lägen im öffentlichen Interesse, stellte das Gericht
fest und stimmte dem Fällen der Bäume zu.
Baum ist aus rechtlicher Sicht nicht gleich Baum. Das Nachbargesetz von
Nordrhein-Westfalen unterscheidet zum Beispiel zwischen stark wachsenden Arten
und solchen, bei denen das nicht der Fall ist. Das Landgericht Kleve
(Aktenzeichen 6 O 204/23) ordnete zwei Trompetenbäume in die zweite Kategorie
ein. Das hatte zur Folge, dass die beiden Bäume lediglich einen Mindestabstand
zum Nachbargrundstück von zwei Metern haben mussten - und nicht von vier Metern,
wie es bei stark wachsenden Arten der Fall gewesen wäre.
Auf dem Parkplatz eines Supermarkts wurde ein PKW durch den herabfallenden Ast
einer Pappel beschädigt. Was auf Anhieb nach einem zweifelsfreien Haftungsfall
klingt, war dann doch nicht so eindeutig, denn der dazugehörige Baum stand auf
einem Nachbargrundstück. Das Amtsgericht Köln (Aktenzeichen 126 C 275/22) war
nicht der Meinung, dass hier eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch
den Supermarktbetreiber vorliege. Dieser habe nämlich keine
Einflussmöglichkeiten auf die vom daneben liegenden Grundstück ausgehenden
Gefahren gehabt. Der Geschädigte müsse sich mit seiner Forderung an den
Eigentümer des Nachbaranwesens wenden.
Wo Teile des Holzes bereits abgestorben sind, da ist besondere Vorsicht geboten.
Denn hier ist die Abbruchgefahr extrem hoch. Deswegen ist gerade bei älteren
Bäumen, die auf ein Nachbargrundstück ragen, eine regelmäßige Kontrolle und
gegebenenfalls die Entfernung von Totholz geboten. Das Landgericht Lübeck
(Aktenzeichen 1 S 38/20) entschied, dies sei mindestens einmal pro Jahr
erforderlich.
Eine Vermieterin begehrte mit der Begründung, es liege ein aufwändig gestaltetes
Wohnumfeld vor, die Zustimmung der Mieterin zu einer Mieterhöhung. Als Argument
dafür nannte sie unter anderem das Vorhandensein von Bäumen und Sträuchern auf
dem Areal. Die Mieterin akzeptierte das nicht und verweigerte die Zustimmung zur
Mieterhöhung. Das Amtsgericht Berlin-Köpenick (Aktenzeichen 5 C 126/23) wies in
einem Urteil darauf hin, dass Bäume und Sträucher alleine keine Wohnwerterhöhung
begründen. Von einer parkähnlichen Anlage mit Sitzbänken und Ruhezonen, die als
Grund für eine Wohnwerterhöhung angeführt werden könne, sei hier keine Rede.
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