Frankfurt (ots) - 50 Prozent Strafzoll auf Stahlimporte - schützt das Europas
Industrie oder gefährdet es sie? Der neue EU-Schirm gegen CO2-Dumping soll
heimische Produzenten stärken, könnte aber ganze Wertschöpfungsketten belasten.
Warum Europas Stahlpolitik jetzt mehr Klimalogik statt Zollreflex braucht,
erklärt Jan Hämer, Industrieexperte der globalen Strategieberatung Simon-Kucher.
Künftig soll oberhalb der Importkontingente ein Zoll von 50 Prozent statt bisher
25 Prozent gelten, während das zollfreie Einfuhrvolumen um fast die Hälfte
reduziert wird. Kurzfristig bedeutet dies höhere Kosten und geringere
Planungssicherheit - besonders für mittelständische Industrien.
Denn: Die Vergabe der Importkontingente nach dem Prinzip first come, first serve
bevorzugt große Handelshäuser und Konzerne mit fixen Lieferverträgen.
Mittelständische Verarbeiter laufen Gefahr, erst nach Ausschöpfung der Quoten zu
beschaffen - und zahlen dann den vollen Zoll.
Stahlzölle treffen das Rückgrat der europäischen Wertschöpfungsketten
Gerade diese Unternehmen bilden aber das Rückgrat europäischer
Wertschöpfungsketten: Automobil-Zulieferer, Maschinenbauer, Anlagenbauer.
Steigende Input-Kosten engen Margen ein, mindern Investitions-Spielräume und
gefährden Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Märkten. Der Zoll ist damit
kein Null-summenspiel zwischen Produzenten und Handel, sondern trifft jene, die
Europas industrielle Stärke tragen.
Für die Stahlhersteller ist die Maßnahme ein zweischneidiges Schwert. Der Fokus
auf Premiumgüten reicht langfristig nicht aus, um Hochöfen und Flüssigphase
auszulasten. Europas Produktionsbasis ist größer als die heimische Nachfrage,
gleichzeitig fehlen Margen in der Brammenproduktion. Strukturell wird es zu
einer Bereinigung kommen müssen - nur die emissionsärmsten und effizientesten
Anlagen werden Bestand haben.
Zoll schützt pauschal statt gezielt
Kurzfristig kann der Zoll Stabilität schaffen und Investitionen in CO2-arme
Produktionsverfahren erleichtern. Doch er birgt das Risiko, notwendige
Anpassungen zu verzögern, wenn unrentable Kapazitäten künstlich am Markt
gehalten werden. Der Mechanismus unterscheidet nach Produktgruppen, nicht nach
Klimaperformance - er schützt pauschal statt gezielt. Und das ist
hochproblematisch!
Denn: Nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit entsteht nicht durch Abschottung, sondern
durch Effizienz und klare Investitionslogik. Der Schutzmechanismus darf kein
Ersatz für Reformen sein, er muss Transformation fördern:
- CBAM statt Zollmauern: Klimazölle schaffen Fairness ohne Abschottung.
- Energie & Förderung: Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen bringen
Dekarbonisierung in Gang.
- Marktsog statt Mengensteuerung: Öffentliche Nachfrage sichert grünen Stahl -
sei es durch Leitmärkte in öffentlichen Ausschreibungen oder durch die
Anrechnung von grünem Stahl in Flottengrenzwerten der Automobilindustrie.
Jan Hämer ist Partner in der globalen "Chemicals & Base Materials" Practice bei
Simon-Kucher und verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Beratung
führender Unternehmen der Branche in Europa, dem Nahen Osten, China, Japan und
Nordamerika. Entlang der Wertschöpfungskette arbeitet er hauptsächlich für
Hersteller, sowohl in wettbewerbsintensiven Märkten (z. B. Zement und
Zuschlagstoffe, Düngemittel und Industriemineralien, Bergbau- und Metall,
Basischemikalien) als auch für spezialisiertere Produkte (z. B. Pflanzenschutz,
Zusatzstoffe, Inhaltsstoffe und Spezialitätenchemie) und der Chemiedistribution.
Er berät zu den Auswirkungen des regulatorischen PUSH und des Kunden-PULL im
Bereich nachhaltig-produzierter "Grüner" Materialien, einschließlich recycelter
Rohstoffe oder biobasierter Alternativen.
Vertiefende Informationen in Form von Interviews sind auf Anfrage möglich.
Über Simon-Kucher
Simon-Kucher ist eine globale Unternehmensberatung mit mehr als 2.000
Mitarbeitenden in über 30 Ländern. Unser Fokus: "Unlocking Better Growth". Wir
helfen unseren Kunden, "besser" zu wachsen, indem wir jeden Aspekt ihrer
Unternehmensstrategie optimieren, von Produkten und Preisen bis hin zu
Innovation, Digitalisierung, Marketing und Vertrieb. Mit rund 40 Jahren
Erfahrung in Monetarisierung und Pricing gelten wir als weltweit führend in den
Bereichen Preisberatung und Unternehmenswachstum. http://www.simon-kucher.com
Für Rückfragen und detaillierte Informationen stehen wir Ihnen gerne zur
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Linda Katharina Klein (Communications & Marketing Manager)
Tel: +49 173 5381929
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