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Klagewelle: Mehr als 70 Fertigbau-Unternehmen protestieren gegen bürokratische Willkür bei kostenintensiver Tarifeinordnung von Mitarbeitenden

13.10.2025 18:25 Uhr Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V. (BDF)

Berlin (ots) - Tarifänderung bremst kostengünstiges Bauen aus

Mitten in der Baukrise droht die Berufsgenossenschaft (BG) Bau ausgerechnet solche Bauunternehmen auszubremsen, die schnell bezahlbaren Wohnraum schaffen könnten. Deshalb wehrt sich die Fertigbauindustrie vehement gegen die falsche Tarifeinstufung durch die BG Bau und damit gegen eine staatlich verordnete drastische Kostenerhöhung. In einer bislang nie dagewesenen Klagewelle, wehren sich deshalb inzwischen mehr als 70 Unternehmen gegen die aus ihrer Sicht unsachgemäßen Tarife. Erste Gerichtsentscheidungen geben den Unternehmen Recht.

Ein neuer Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft Bau (BG Bau) führt zu erheblichen Beitragssteigerungen für industrielle Fertigbau- und Holzbauunternehmen. Auf einer Pressekonferenz in Stuttgart kritisierte heute Prof. Dr. Mathias Schäfer, Präsident der Interessengemeinschaft Arbeitssicherheit Holzfertigteilbau (IGAH) und des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF) sowie Geschäftsführer der FingerHaus GmbH aus dem hessischen Frankenberg die neue Tarifeinstufung: "Mit der völlig ungerechtfertigten Tarifänderung und der damit einhergehenden skandalösen Verdopplung der Beiträge, belastet die BG Bau genau jene Firmen, die Vorreiter im seriellen und klimaneutralen Bauen sind und kostengünstigen Wohnraum herstellen können. Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit."

Die BG Bau konterkariere damit den Willen des Bundestags und der Bundesregierung, Bauen preiswerter und schneller zu machen und somit einen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot zu leisten. Schäfer: "Dieser Beschluss der BG Bau ist komplett kontraproduktiv, denn Bauen wird somit immer mehr Teil der sozialen Frage, anstatt diese zu lösen. Das ist für Bauunternehmen, Verbraucher und die Gesellschaft insgesamt schädlich."

In ihrem so genannten 4. Gefahrtarif stuft die BG Bau als für die Bauwirtschaft zuständige gesetzliche Unfallversicherung die Holzfertigteilbaubetriebe in die gleiche Tarifstelle ein wie handwerklich tätige Zimmereibetriebe oder Dachdecker. Und dies, obwohl die Fertigbauunternehmen deutlich geringere Unfallstatistiken nachweisen können, die in ihrer industriellen Bauweise begründet sind. Denn während Zimmerer täglich bei Wind und Wetter auf Baustellen arbeiten, entstehen Fertigbaugebäude überwiegend in geschützten Produktionshallen mit einem wesentlich geringeren Unfallrisiko. Der Vorteil der Vorfertigung kommt auch hier deutlich zum Tragen.

Das beweisen sogar von der BG Bau selbst vorgelegte Zahlen: Die Unfallkosten pro 1.000 Beschäftigte sind auf Seiten der Hersteller von Holzfertigteilen um rund 26 % geringer. Ihre Gleichstellung mit deutlich riskanteren Berufsgruppen führt aber zu einer Verdoppelung der Abgaben und bedeutet Mehrkosten von etwa 1.000 Euro pro Mitarbeiter und Jahr für ein mittelständisches Unternehmen. Für die gesamte Branche entsteht somit eine unbegründete Belastung in Millionenhöhe.

Auch bei Johannes Schwörer, Präsident der IHK Reutlingen und des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie und Kunststoffeverarbeitenden Industrie und verwandter Industrie- und Wirtschaftszweige (HDH) sowie Gesellschafter der Firma SchwörerHaus KG) aus dem schwäbischen Oberstetten, löst die aus seiner Sicht "willkürliche" Tarifänderung Kopfschütteln und Unverständnis aus: "Betriebe, die sich wie mein Unternehmen jahrelang angestrengt haben, durch große Investitionen das Unfallgeschehen zu reduzieren, werden nun mit jährlichen Mehrforderungen in Millionenhöhe seitens der Berufsgenossenschaft konfrontiert. Damit werden Investition und Leistung bestraft. Nicht nur die Politik sorgt dafür, dass Unternehmertum und Investitionsmut bestraft werden, sondern nun fangen auch noch die beitragsfinanzierten Körperschaften damit an." Und Schwörer weiter: "Dies ist ein Skandal! Und obwohl der Vorgang offensichtlich ist, bedarf es nun zahlreicher, langjähriger und teurer öffentlicher Gerichtsverfahren, um die Arroganz der Verantwortlichen in der Berufsgenossenschaft zu zügeln."

Inzwischen wehren sich über 70 Unternehmen vor Gericht gegen die Tarifänderung der BG Bau - mit ersten Erfolgen. Zuletzt entschied das Sozialgericht Würzburg in drei Verfahren, dass der 4. Gefahrtarif rechtswidrig ist: Holzfertigteilhersteller und Zimmerer bildeten unterschiedliche Gewerbezweige, für die eine gemeinsame Veranlagung nicht gerechtfertigt sei, stellte das Gericht fest. Weitere Klagen sind vor den Sozialgerichten Freiburg und Reutlingen anhängig, die Urteile werden im Oktober bzw. November dieses Jahres erwartet.

Prof. Dr. Mathias Dombert, der mit seiner Kanzlei Dombert Rechtsanwälte bundesweit eine große Anzahl der klagenden Holzfertigteilbauer vertritt, übt scharfe Kritik an dem Vorgehen der BG Bau "nach Gutsherrenart, bei der von oben herab und ohne Auseinandersetzung mit den Besonderheiten der Branche, wirtschaftlich einschneidende Entscheidungen letztendlich zu Lasten von Arbeitsplätzen getroffen werden. Es ist unseren Mandanten schwer zu vermitteln, dass sie in diesen Zeiten gezwungen sind, jahrelange Instanzenzüge in Kauf zu nehmen, um der BG Bau deutlich zu machen, welche technologischen Besonderheiten die Hersteller von Holzfertighäusern aufweisen", so Dombert. Besonders kritisiert Prof. Dombert die Verfahrensweise der BG Bau: "Die BG Bau verkennt die Anforderungen an die Ausübung ihres Gestaltungsspielraumes. Je tiefgreifender die wirtschaftlichen Auswirkungen sind, umso sorgfältiger muss das Verfahren zur Aufstellung der Satzung sein - bunte Charts reichen zur Rechtfertigung höherer Beiträge nicht aus."

Die Interessengemeinschaft Arbeitssicherheit Holzfertigteilbau (IGAH) unterstützt und berät die betroffenen Unternehmen. "Der nicht nachvollziehbare und ungerechtfertigte Beschluss der BG Bau hat der Branche unmissverständlich aufgezeigt, dass die Stimme der Branche zu wenig Gewicht hatte. Die neu gegründete IGAH hat sich daher auf die Fahne geschrieben, die Interessen der Holzfertigteilbaubetriebe zu vertreten, und zwar sowohl gegenüber der BG Bau als auch gegenüber der BG Holz und Metall, in der auch Holzfertigteilbaubetriebe organisiert sind", führt IGAH-Geschäftsführer Georg Lange aus.

Die Branchenvertretung sieht als ihre langfristige Aufgabe an, die Unfallprävention und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten weiter zu verbessern. "Die Unfall- und Krankheitskosten nachhaltig zu senken, ist im Interesse aller Unternehmen", so Lange.

Pressekontakt:

Dietrich Alexander Director Die HimmelsSchreiber GmbH +49 175 2821827 mailto:dietrich.alexander@die-himmelsschreiber.com

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/55233/6136935 OTS: Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V. (BDF)


Quelle: ots / newsaktuell - Pressemitteilung - Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V. (BDF)
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