Berlin (ots) - Berlin, 15.10.2025 - Zur Debatte über Sparmaßnahmen in der GKV
und zu den Ergebnissen des Schätzerkreises erklärt Dr. Klaus Reinhardt,
Präsident der Bundesärztekammer:
"Es ist gut und richtig, dass Bundesgesundheitsministerin Nina Warken die
Stabilisierung der GKV-Finanzen zur politischen Priorität erklärt hat. Die heute
beschlossenen Sofortmaßnahmen sind das Ergebnis eines mühsam erreichten
Kompromisses innerhalb der Bundesregierung. Demografischer Wandel, begrenzte
personelle und finanzielle Ressourcen sowie die Kosten des medizinischen
Fortschritts sind jedoch strukturelle Herausforderungen, die auch strukturelle
Reformen erfordern. Wir brauchen deshalb einen Solidarpakt für das
Gesundheitswesen, der kurz-, mittel- und langfristig trägt.
Zur kurzfristigen Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine
vollständige Refinanzierung der versicherungsfremden Leistungen, insbesondere
der Krankenkassenbeiträge für Bürgergeldempfänger, unerlässlich. Leistungen, die
den gesellschaftlichen Ausgleich sichern, dürfen nicht allein den
Beitragszahlenden der GKV aufgebürdet werden. Im Arzneimittelbereich sollte der
Herstellerrabatt für patentgeschützte Arzneimittel erhöht werden. Der
Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel sollte - wie bei Tierarzneimitteln - von
derzeit 19 auf sieben Prozent gesenkt werden. Zur kurzfristigen Entlastung der
Krankenkassen würde auch eine moderate Anpassung der Selbstbeteiligungen bei
Arzneimitteln und Krankenhausbehandlungen beitragen.
Mittelfristig sind vier zentrale Reformprojekte anzugehen: eine praxistaugliche
Umsetzung der Krankenhausreform, die Neuordnung der Notfallversorgung und des
Rettungsdienstes, der Aufbau eines intelligenten Primärversorgungssystems mit
digitalen Steuerungsinstrumenten sowie eine umfassende Reform der
Arzneimittelpreisbildung auf Basis der Vorschläge des Sachverständigenrates
Gesundheit.
Langfristig ist die Krankheitslast durch einen Neuaufbruch bei der Prävention zu
reduzieren, der jetzt eingeleitet werden muss und auf drei Säulen beruht: Die
Steuern auf Nikotin, Alkohol und Zucker sind zu erhöhen, um den Konsum zu
reduzieren und zugleich finanzielle Spielräume für breit angelegte Programme zu
Prävention, Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung zu schaffen.
Prävention und Gesundheitsförderung müssen als ressortübergreifendes
Handlungsfeld für die gesamte Bundesregierung verankert werden. Konkrete
Präventionsziele sollten gemeinsam mit den gesellschaftlichen Akteuren
festgelegt und mit einem klaren Zeitplan realisiert werden.
Um diesen Solidarpakt zu schmieden, braucht es eine breite Allianz von Politik,
Selbstverwaltung und den weiteren Akteuren im Gesundheitswesen. Nur so entstehen
praxistaugliche Lösungen, die eine bedarfs- und ressourcengerechte Versorgung
sicherstellen."
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