Jülich (ots) - Supercomputer sind keine Zukunftsvision, sondern längst Realität.
Sie helfen beim Entschlüsseln des Klimas, beim Entwickeln neuer Medikamente -
und treiben die Künstliche Intelligenz an. Europa baut dafür eine
Milliarden-Infrastruktur auf.
Die Welt ist voller Daten - und damit auch voller Fragen, die ohne extreme
Rechenpower unbeantwortet bleiben. Was passiert im Inneren einer Turbine? Wie
entwickelt sich das Klima in den nächsten Jahrzehnten? Warum wirkt ein
Medikament genau so und nicht anders? Klassische Rechner stoßen hier an ihre
Grenzen. Lange lag die Vormachtstellung bei den USA und in Asien. Europa aber
will sich nicht dauerhaft auf fremde Kapazitäten verlassen. Es geht um mehr als
Tempo und Rechenrekorde: gefragt sind Präzision, Energieeffizienz und die
Fähigkeit, neue Technologien wie Quantencomputer einzubinden. Dahinter steckt
auch ein Stück Standortpolitik und digitale Souveränität. Mit dem neuen
Exascale-System am Forschungszentrum Jülich ist nun ein Rechner in Betrieb, der
all das leisten soll. Prof. Thomas Lippert, Direktor des Jülich Supercomputing
Centre, erläutert, welche Chancen "JUPITER" eröffnet.
Herr Professor Lippert, warum braucht Europa eigene Exascale-Rechner?
Ohne eigene Maschinen verlieren wir wissenschaftlich und wirtschaftlich den
Anschluss. Rechnen bei Hyperscalern reicht nicht: Es ist teuer, Daten liegen
außerhalb der EU-Kontrolle, und in der Wertschöpfungskette fehlt Know-how.
Europa muss die Basistechnologien selbst bauen und betreiben, um Souveränität
und ausreichende Rechenzeit zu sichern.
Wo sehen Sie den größten Nutzen von JUPITER - in Forschung oder Industrie?
In beiden. Simulation bleibt zentral, KI kommt als datengetriebenes Modellieren
hinzu. Davon profitieren Wissenschaft, Unternehmen und öffentliche Verwaltung
gleichermaßen - bis hin zum Umgang mit Verordnungen und Publikationen. JUPITER
wird als Vorreiter für große Modelle überall Wirkung entfalten; hinderlich sind
eher regulatorische Hürden.
Was bringt die modulare Architektur konkret?
Modularität prägt JUPITER auf allen Ebenen. Die Rechenzentren selbst bestehen
aus vorgefertigten Containern, die hohe Qualitätsstandards sichern. Innerhalb
dieser Einheiten lassen sich Hardware-Komponenten flexibel austauschen, während
die Software über klar definierte Schnittstellen verfügt. Auf Systemebene
verbindet ein gemeinsames Hochgeschwindigkeitsnetzwerk die Module zu einem
einheitlichen Adressraum. So greifen spezialisierte Einheiten nahtlos ineinander
und ergänzen sich in ihrer Leistung. Künftig wird sich die Architektur dynamisch
je nach Aufgabe konfigurieren lassen - mit der passenden Mischung aus CPU, GPU,
Booster oder Cluster. Das macht JUPITER zum Modell eines "Computer Center of the
Future".
Kann JUPITER beim Training großer KI-Modelle den Unterschied machen?
Ja. Ein Mixture-of-Experts-Modell mit etwa einer Billion Parametern ist in rund
drei Monaten trainierbar. Europäische Ansätze wie die des französischen
KI-Start-ups Mistral senken den Trainings-Aufwand deutlich bei gleicher
Qualität. JUPITER verfügt über zehntausende eng gekoppelte Prozessoren und kann
damit das KI-Training zusätzlich beschleunigen.
Wie passt die Leistung zu Nachhaltigkeit?
JUPITER läuft im Regelbetrieb bei etwa 10 Megawatt - gemessen an der Leistung
effizient. Der Strom wird äquivalent grün beschafft. Abwärme wird zum Heizen
genutzt; ein Projekt zur Stromerzeugung aus Niedertemperatur-Abwärme läuft.
Höhere Kühlmittel-Temperaturen versprechen künftig zusätzliche Effizienzgewinne.
Wie kommen Unternehmen - auch der Mittelstand - an JUPITER?
Es gibt ein Industry-Relations-Office und etwa 30 Industrieprojekte. Mit der
JUPITER AI-Factory "JAIF", entstehen Services, um Modelle zu nutzen und zu
entwickeln; Ziel sind in ein bis zwei Jahren rund 100 Projekte mit KMU. Der Weg
ist teils steinig, weil die Nutzung öffentlicher Maschinen durch Firmen
regulatorisch komplex ist - hier soll "JAIF" die Rampe sein.
Wofür steht JUPITER strategisch?
Für Wissenschaft gilt: Komplexe Systeme lassen sich ohne solche Maschinen nicht
erforschen; JUPITER macht diese Methodik erst möglich. In der Wirtschaft geht es
um eigene Methoden und Produktionsmittel, damit Wertschöpfung in Europa bleibt.
Nötig sind klare Ziele und der Wille, Großes zu bündeln, statt Mittel zu
verstreuen. Die klare Vision: Souveränität und Innovation.
Mehr Informationen:
Mit JUPITER ist am Forschungszentrum Jülich der erste europäische Supercomputer
der Exascale-Klasse am Start. "Joint Undertaking Pioneer for Innovative and
Transformative Exascale Research", kurz JUPITER, wird als erstes System in
Europa eine Rechenleistung von mehr als einer Trillion Rechenoperationen pro
Sekunde erreichen. https://www.fz-juelich.de/de
Pressekontakt:
Dr. Barbara Schunk - Pressereferentin
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Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/58706/6138705
OTS: Forschungszentrum Jülich GmbH
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