Hamburg/Essen (ots) - Trotz aller gegenteiligen Bekundungen sind die
Krankheitsdaten in der elektronischen Patientenakte (ePA) offensichtlich nicht
so sicher, wie behauptet wird. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine
kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag geht hervor, dass die
Patientenakte für die Speicherung besonders sensibler Daten völlig ungeeignet
ist.
"Trotz geringer Korrekturen an den bisher bekannten Datenschutzlücken bei der
ePA zeigen die Aussagen der Regierung, dass weiter eklatante Mängel und Probleme
bestehen", kommentiert Dr. Silke Lüder, stellvertretende Bundesvorsitzende der
Freien Ärzteschaft, die Antworten auf die parlamentarischen Anfragen.
"Wenn nach eigenen Aussagen das Bundesministerium für Gesundheit keine Kenntnis
über die Verträge zwischen den ePA-Betreiberfirmen IBM und Rise hat, stärkt das
nicht das Vertrauen der Ärztinnen und Ärzte, die wieder mit finanziellen Strafen
und weiteren Drohungen gezwungen werden, ihre Arbeitsergebnisse in die zentralen
Datenspeicher einzustellen", so die Allgemeinärztin heute in Hamburg. "Eine
eigene Überprüfung von Abhängigkeiten der Betreiberfirmen von nicht-europäischen
Anbietern plant die Bundesregierung nicht, ebenso wenig eine Evaluation des
Opt-out Verfahrens.
"Anerkannte Experten wie Prof. Ulrich Kelber gehen sogar davon aus, dass "die
Bundesregierung die Sorgen nicht zerstreuen kann, dass die Dienstleister (IBM,
Rise) nach ausländischem Gesetz gezwungen sein könnten, Daten an die
US-Regierung herauszugeben. Aufgrund der Architektur der ePA wären sie dazu
technisch in der Lage. Und auch die anderen Sicherheitsbedenken bleiben aktuell
(Quelle: Mastodon 21.10.2025)". "Das muss jeden Demokraten, jeden Arzt, jede
Ärztin und jeden Patienten heutzutage beunruhigen" kommentiert Dr. Lüder.
Auch die Zugriffsrechte in Deutschland sind weiterhin katastrophal geregelt,
ergänzt Wieland Dietrich, Bundesvorsitzender der Freien Ärzteschaft dazu in
Essen. "Inzwischen hat sich deutlich gezeigt, dass die Abrechnungsdaten, die die
Krankenkassen in die Patientenakten der Versicherten eingestellt haben, völlig
ungeeignet als Inhalt der zentralen ePA sind", so Dietrich weiter.
"Abrechnungsdaten haben eine grundsätzliche "Verzerrung" durch die
Abrechnungsregelungen, die Politik und Krankenkassen den Ärzten auferlegen, um
selbst Geld aus dem Gesundheitsfonds zu bekommen. Wenn wir vorübergehend ein
Asthmaspray verschreiben nach einer Bronchitis, müssen wir Asthma in der
Abrechnung codieren, um nicht Jahre später das Medikament über einen Regress,
also zur Strafe selbst bezahlen zu müssen" nennt Dietrich als Beispiel. Das
könne dem Patienten etwa beim Abschließen einer Versicherung erheblich schaden
und sei ein grober Systemfehler.
"Wir haben beim letzten Deutschen Ärztetag gefordert, dass diese
Abrechnungsdaten aus der ePA ersatzlos gelöscht werden sollen", so Dietrich
weiter. Im nächsten Pflegegesetz sollen nun die Zugriffsrechte auf diese
Abrechnungsdaten beschränkt werden, aber das reiche überhaupt nicht aus.
Arztfremde Berufsgruppen wie in Apotheken oder Fußpflegepraxen sollten überhaupt
keinen Zugriff auf die sensiblen Arztbriefe haben. Die ärztliche Schweigepflicht
ist unverändert ein hohes Gut - sie darf nicht einfach abgeschafft werden"
stellt Dietrich fest.
"Es zeigt sich wieder, dass verantwortungsbewusste Ärzte und Ärztinnen ihren
Patienten weiterhin nur zum Widerspruch gegen das Anlegen einer elektronischen
Patientenakte raten können, oder zu deren Löschung."
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien
Beruf verteidigt. Er wurde 2004 gegründet und vertritt vorwiegend
niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender
des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist
eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die
ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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