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 Bielefeld (ots) - Was braucht es, um dauerhaft glücklich zu sein? Und wie
wichtig ist Glück überhaupt für ein erfülltes Leben im Gleichgewicht? Im
Interview erklärt Univ.-Prof. Dr. Martin Driessen, Direktor der
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bielefeld-Bethel, warum
das Zwischenmenschliche der ultimative Faktor ist - und wie Medien das Empfinden
verzerren.
 Herr Prof. Driessen, jeder Mensch strebt nach Glück. Was sagt die Psychologie zu
dem Thema? Was ist eigentlich Glück?
 
 Prof. Dr. Martin Driessen : Glück ist eine starke positive Emotion. Und was
macht glücklich? Da muss man differenzieren zwischen Glücksmomenten und dem, was
ich als Zufriedenheit bezeichnen würde. Glück - das sind ja tatsächlich nur
Momente. Aber es ist ein starkes Gefühl, verbunden mit Wohlbefinden. Die
Grundlage dafür findet sich in der Neurobiologie. Im Gehirn haben wir eine Art
Belohnungssystem. Es wird angetriggert über bestimmte Botenstoffe wie Dopamin,
die in Glücksmomenten stark ausgeschüttet werden.
 
 Aber wie wichtig sind diese Glücksmomente für die psychische Gesundheit?
 
 Driessen: Wichtiger als kurze und vergängliche Momente des Glücks ist der
nachhaltige Zustand von Zufriedenheit. Und die Forschung zeigt eindeutig:
Reichtum und materielle Dinge spielen eine viel geringere Rolle für die
Zufriedenheit als zwischenmenschliche Beziehungen. Erfüllende menschliche
Beziehungen, ob Freundschaften oder die Liebe zum Partner oder den Kindern, die
sind es, die wirklich zufrieden machen und immer wieder Glücksmomente erzeugen.
 
 Ist dieses ewige Streben nach maximalem Glück sinnvoll? Oder setzt man die
Messlatte für sich zu hoch?
 
 Driessen: Es ist zwar angemessen, Zufriedenheit anzustreben und auf dieser Basis
Glücksmomente zu sammeln. Wir Menschen in den westlichen Kulturen meinen aber,
wie müssten ständig glücklich sein. Das wird uns auch durch die Medien ganz
stark suggeriert. Ständig sehen wir strahlende Menschen auf irgendwelchen
Hochglanz-Covers, im Fernsehen oder auf Instagram, Menschen, die offensichtlich
glücklich sind. Und dann sehe ich meinen eigenen Zustand, vergleiche und denke:
Oh, ich bin ja gar nicht glücklich. Bei mir ist etwas defizitär. Das stimmt aber
gar nicht. Über die Medien wird das falsche Bild suggeriert. Das ist nicht das
normale Leben.
 
 Kann man denn mit dem persönlichen Glücksempfinden auch komplett danebenliegen?
Also, dass man das komplett falsch einschätzt und in die falsche Richtung läuft.
 
 Driessen: Ja, auf jeden Fall. Zum Beispiel beim Gebrauch von Drogen oder
Alkohol, da sucht man auch Glück und Glücksmomente. Man ist sich aber
gleichzeitig bewusst, dass das gar kein echtes Glück ist, sondern dass einen das
letztlich mittel- bis langfristig unglücklich macht. Und trotzdem mache ich das,
weil ich vielleicht anderen Menschen nicht traue. Die Flasche ist immer
verfügbar und zuverlässig, während Menschen viel unzuverlässiger sind - oder ich
habe sie als unzuverlässiger erlebt.
 
 Gibt es so etwas wie den kleinsten gemeinsamen Nenner in Sachen Glück, der für
alle Menschen gilt, eine Art "Glücksformel"?
 
 Driessen: Menschen sind ja grundsätzlich ähnlich gestrickt, egal in welcher
Kultur sie leben. Auch hier gilt: Das Zwischenmenschliche ist der ultimative
Faktor. Hier sammeln wir die meisten Glücksmomente.
 
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