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Köln (ots) - Die nächste Krise kommt bestimmt. Das gilt auch für
Gesundheitskrisen, wie wir beim Ausbruch der Corona-Pandemie gesehen haben.
Plötzlich stand die Frage nach einer Triage im Raum, wenn wegen der Vielzahl
ernsthaft Erkrankter die medizinischen Kapazitäten nicht ausreichen, alle zu
versorgen. Das mag im Moment wie eine sehr theoretische Frage für juristische
Feinschmecker anmuten, tatsächlich ist es aber ein Thema, das im wahrsten Sinne
des Wortes über Leben oder Tod entscheiden kann. Denn bis zur nächsten
medizinischen Notlage kann es Jahrzehnte dauern, sie kann aber auch schon morgen
eintreten.
Nun hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass starre Regeln nicht gelten.
Niemand dürfe diskriminiert werden, aber irgendwie dürfen und müssen Ärztinnen
und Ärzte im Zweifel dann doch eine Auswahl treffen. Neue Richtlinien sollen
erarbeitet werden, doch die konkrete Entscheidung liegt dann beim medizinischen
Personal. Das hört sich vernünftig und nachvollziehbar an. Gleichwohl stellt
sich die Frage, welches System wir in unseren Kliniken vorhalten, um die
Entscheidung zu erleichtern: Unter welchen Rahmenbedingungen würde eine
Triage-Auswahl stattfinden?
Die Kosten im Gesundheitswesen sind kaum noch zu bewältigen, manche
Krankenhäuser müssen schließen. Es herrscht Personalmangel. Diese Situation wird
sich nicht verbessern. Der Staat ist mit dem Urteil zwar aus der Verpflichtung
genommen worden, selbst Regeln für die Triage vorzugeben. Aber er kann sich
nicht aus der Pflicht befreien, eine ordentliche Gesundheitsversorgung auch für
Extremfälle sicherzustellen. Das ist als Daseinsvorsorge grundlegend für jede
staatliche Organisation.
Wenn diese Rahmenbedingungen nicht stimmen, wenn es viel zu wenig
Behandlungskapazitäten gibt, wird Ärztinnen und Ärzten Unmögliches zugemutet.
Bei massenweisen, ernsthaften Erkrankungen mag es befreiend wirken, keine
starren gesetzlichen Vorgaben zu haben. Was aber ist die Folge? Die Idee, im
Einzelfall abgewogene medizinische Entscheidungen zu treffen, ist im Ernstfall
kaum realisierbar.
Das Urteil der Karlsruher Richter ist deshalb kein Freibrief für die Politik,
ganz im Gegenteil. Es richtet mehr denn je den Fokus darauf, dass wir uns auf
die nächste Krise vorbereiten müssen.
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