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Berlin (ots) - Kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz in Brasilien richtet sich
der Blick auf wirksame Klimaschutzmaßnahmen. Während Politik und Wirtschaft an
klimaneutralen Energien und Kreislaufwirtschaft arbeiten, beginnt Klimaschutz
für viele Menschen im Alltag. Der persönliche CO2-Fußabdruck zeigt, wie viele
Treibhausgase ein Mensch durch seinen Lebensstil verursacht, typischerweise in
den Bereichen Wohnen, Mobilität, Ernährung und Konsum. Doch nur jeder achte
Bundesbürger (12 Prozent) kennt seinen persönlichen CO2-Fußabdruck. Das zeigt
eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands, für die 1.009
Personen ab 16 Jahren befragt wurden. Vor allem die Jüngeren beschäftigen sich
mit dem Thema. Fast einem Viertel (24 Prozent) der 16- bis 29-Jährigen ist ihr
individueller CO2-Fußabdruck bekannt, in der Generation 60 Plus sind es dagegen
nur 8 Prozent. "Wer seinen eigenen CO2-Fußabdruck kennt, kann leichter sein
Verhalten anpassen und damit einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten",
sagt Juliane Petrich, Referentin für Politik und Nachhaltigkeit beim
TÜV-Verband. Mit dem wachsenden Einsatz digitaler Dienste und Endgeräte rückt
ein neuer Bereich in den Fokus: der digitale CO2-Fußabdruck. "Jede Suchanfrage,
jede gestreamte Serie, jede Interaktion mit ChatGPT und jede gespeicherte Datei
in der Cloud verursacht Treibhausgasemissionen", sagt Petrich. "Wer nachhaltiger
handeln möchte, sollte nicht nur an Auto, Heizung und Ernährung denken, sondern
auch an den eigenen digitalen Konsum."
Digitaler CO2-Fußabdruck oft übersehen
Der digitale CO2-Fußabdruck umfasst alle Emissionen, die durch digitale
Aktivitäten entstehen, von der Produktion und Nutzung elektronischer Geräte über
die Datenübertragung bis zum Betrieb und der Kühlung von Rechenzentren.
"Digitale Technologien eröffnen enorme Chancen für den Klimaschutz,
beispielsweise durch Videokonferenzen statt Flugreisen, vorausschauende Wartung
in der Industrie, intelligente Stromnetze bis hin zu präziser Landwirtschaft",
sagt Petrich. "Doch auch das Internet hinterlässt einen CO2-Fußabdruck entlang
der gesamten digitalen Wertschöpfungskette. Häufig wird unterschätzt, wie viel
Energie und Ressourcen Rechenzentren, Cloud-Dienste und Endgeräte verbrauchen."
Mit dem Siegeszug des Internet kamen Cloud-Computing, Streaming-Dienste oder die
energiehungrigen Kryptowährungen. Eine völlig neue Dimension wird mit dem Aufbau
gigantischer Rechenzentrumskapazitäten für Künstliche Intelligenz erreicht, die
in den kommenden Jahren weltweit entstehen werden.
Streaming, Cloud, KI: Unsichtbare Emissionen im Netz
Während der klassische Fußabdruck Bereiche wie Heizen, Autofahren oder Ernährung
berücksichtigt, bleibt der digitale Anteil meist unsichtbar, seine Klimawirkung
ist aber real. Der weltweite IT- und Kommunikationssektor verursacht inzwischen
rund vier Prozent der globalen CO2-Emissionen - mehr als der internationale
Flugverkehr. Studien der International Energy Agency (IEA) oder der Carbon Trust
belegen: Eine Stunde Videostreaming in HD erzeugt im Schnitt 55 Gramm CO2, in
etwa so viel, wie für eine Tasse Kaffee anfällt. Auch die Herstellung neuer
Geräte ist energieintensiv. Für die Herstellung eines Smartphones fallen rund 60
Kilogramm CO2 an, bei einem Laptop sind es bis zu 300 Kilogramm. Das entspricht
etwa dem CO2-Ausstoß einer Autofahrt von Berlin nach Rom. "Ob Videocall,
Cloudspeicher oder KI-Anwendung: jede Online-Aktivität kostet Energie", sagt
Petrich. "Diese Emissionen summieren sich. Schon kleine Änderungen im digitalen
Verhalten können den eigenen Fußabdruck deutlich verringern."
So lässt sich der digitale CO2-Fußabdruck berechnen
Der eigene digitale Fußabdruck lässt sich nur näherungsweise erfassen, da der
Energieverbrauch je nach Anbieter, Netzqualität und Strommix stark variiert.
Dennoch bieten Online-Tools wie der CO-Rechner des Umweltbundesamts oder
spezialisierte Apps wie "Klima", "Giki" oder "Capture" eine erste Orientierung.
Sie schätzen Emissionen aus Streaming, Cloud-Nutzung, E-Mail-Verkehr und
Geräteverbrauch und machen so sichtbar, welche digitalen Routinen besonders
klimarelevant sind. Laut der Umfrage des TÜV-Verbands kennen bisher erst 4
Prozent der Befragten ihren digitalen Fußabdruck. Petrich: "Ein Bewusstsein für
den eigenen digitalen Energieverbrauch ist der erste Schritt. Wer weiß, wo
Emissionen entstehen, kann gezielt ansetzen, zum Beispiel durch
energieeffiziente Geräte, nachhaltige Stromquellen oder einen bewussteren Umgang
mit Daten."
Nachhaltigkeit gewünscht, aber selten kaufentscheidend
Nachhaltige Geräte sind gefragt, spielen aber eher eine Nebenrolle: Nur 17
Prozent der Verbraucher:innen nennen Nachhaltigkeit als entscheidendes Kriterium
beim Kauf von Technikprodukten. Viel häufiger bestimmen Preis und Funktion die
Wahl. Immerhin achten 64 Prozent zumindest häufig auf Siegel und Prüfzeichen,
die Sicherheit oder Umweltverträglichkeit bestätigen. "Viele Menschen wollen
nachhaltiger konsumieren, stoßen aber auf praktische Hürden", sagt Petrich.
"Fehlende Transparenz, hohe Preise und kurze Produktlebenszyklen erschweren
klimafreundliche Entscheidungen. Prüfzeichen helfen, Orientierung zu schaffen
und verlässliche Informationen über Energieeffizienz, Reparierbarkeit oder
Recyclingfähigkeit zu geben." Damit nachhaltiger Konsum möglich wird, braucht es
jedoch verlässliche Rahmenbedingungen.
Mit Blick auf die Weltklimakonferenz appelliert der TÜV-Verband daher an Politik
und Unternehmen, Nachhaltigkeit und Digitalisierung stärker zu verzahnen.
"Digitalisierung kann ein Motor für den Klimaschutz sein, wenn sie
energieeffizient, ressourcenschonend und verantwortungsvoll gestaltet wird",
sagt Petrich. "Transparente Informationen und unabhängige Prüfungen sind der
Schlüssel, damit Verbraucher:innen fundierte Entscheidungen treffen können."
So verringern Sie Ihren digitalen CO2-Fußabdruck
Mit kleinen Anpassungen im Alltag lässt sich der eigene Energieverbrauch
deutlich senken, ohne auf digitale Komfortfunktionen verzichten zu müssen. Mit
folgenden praktischen Tipps gelingt das:
- Geräte länger nutzen: Smartphones, Laptops und Tablets möglichst viele Jahre
verwenden, statt sie bei kleinen Defekten zu ersetzen. Die Herstellung neuer
Geräte verursacht deutlich mehr Emissionen als deren Nutzung. Reparaturen
verlängern die Lebensdauer und sparen wertvolle Rohstoffe.
- Bewusst Streamen: Beim Streamen lässt sich der Energieverbrauch leicht senken.
Videoqualität reduzieren, Musik und Serien bevorzugt über WLAN statt über das
mobile Netz hören oder schauen, und Apps oder Browser-Tabs schließen, wenn sie
nicht benötigt werden. Auch automatische Wiedergabefunktionen oder
Endlosschleifen sollten deaktiviert werden.
- Cloud und E-Mails aufräumen: Jede gespeicherte Datei verbraucht Speicherplatz
in Rechenzentren und damit Energie. Wer regelmäßig alte Mails, Fotos, Videos
oder Cloud-Dateien löscht, entlastet nicht nur Server, sondern auch das Klima.
Gleiches gilt für Backups oder doppelt gespeicherte Daten.
- Nachhaltige Geräte kaufen: Beim Neukauf auf Energieeffizienz, Reparierbarkeit
und Langlebigkeit achten. TÜV-Prüfzeichen, der Blaue Engel oder der Energy
Star geben verlässliche Orientierung. Refurbished-Geräte oder
Secondhand-Angebote sind auch eine klimafreundliche Alternative.
- Geräte richtig entsorgen: Alte Elektronik gehört nicht in den Hausmüll.
Wertstoffe wie Kupfer, Aluminium oder seltene Erden können recycelt werden.
Alte Geräte werden am besten beim Wertstoffhof oder im Handel abgeben. Das
schützt Umwelt und Ressourcen und stellt sicher, dass Schadstoffe fachgerecht
entsorgt werden.
Mehr Informationen zur TÜV Sustainability Studie 2025 gibt es hier (https://www.
tuev-verband.de/fileadmin/user_upload/Content_local/Studien_local/2025_TUEV-Verb
and_Digital_Sustainability_Studie.pdf) .
Methodik-Hinweis: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative bundesweite
Befragung des Marktforschungsinstituts forsa im Auftrag des TÜV-Verbands. Für
die Studie zum Thema "Digitale Nachhaltigkeit" wurden 1.009 deutschsprachige
Personen ab 16 Jahren befragt. Die Erhebung fand vom 16. bis 25. Mai 2025 statt.
Über den TÜV-Verband: Als TÜV-Verband e.V. vertreten wir die politischen
Interessen der TÜV-Prüforganisationen und fördern den fachlichen Austausch
unserer Mitglieder. Wir setzen uns für die technische und digitale Sicherheit
sowie die Nachhaltigkeit von Fahrzeugen, Produkten, Anlagen und Dienstleistungen
ein. Grundlage dafür sind allgemeingültige Standards, unabhängige Prüfungen und
qualifizierte Weiterbildung. Unser Ziel ist es, das hohe Niveau der technischen
Sicherheit zu wahren, Vertrauen in die digitale Welt zu schaffen und unsere
Lebensgrundlagen zu erhalten. Dafür sind wir im regelmäßigen Austausch mit
Politik, Behörden, Medien, Unternehmen und Verbraucher:innen.
Pressekontakt:
Maurice Shahd
Pressesprecher
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OTS: TÜV-Verband e. V.
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