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Berlin (ots) - Nach dem gestrigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur
Triage drängt das Deutsche Institut für Menschenrechte darauf, schnell
Regelungen für eine diskriminierungsfreie Triage zu verabschieden, die in allen
Bundesländern einheitlich hohe Schutzstandards garantieren.
Dazu erklärt Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für
Menschenrechte:
"Wir brauchen dringend gesetzliche Regelungen, die Menschen mit Behinderungen,
chronisch kranke und ältere Menschen davor schützen, benachteiligt zu werden,
wenn intensivmedizinische Ressourcen nicht ausreichen und Triage-Situationen
eintreten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 16. Dezember
2021 sehr deutlich gemacht, dass der ärztlichen Entscheidung über die Zuteilung
intensivmedizinischer Ressourcen enge verfassungsmäßige Grenzen gesetzt sind und
es einer gesetzlichen Absicherung braucht, um der Gefahr entgegenzuwirken, dass
dabei bestimmte Personengruppen diskriminiert werden. Auch die ärztliche
Berufsfreiheit erlaubt daher keine völlig freie Entscheidung über die Zuteilung
von knappen Ressourcen in Triage-Situationen. Der gestrige Beschluss ändert
daran nichts, da das bisherige Gesetz nur wegen Unzuständigkeit des Bundes für
nichtig erklärt wurde.
Es ist nun Aufgabe der Länder, diskriminierungsfreie gesetzliche Regelungen zu
schaffen, die sich am Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2021
ausrichten. Das Schutzniveau muss überall in Deutschland gleich hoch sein. Die
Zuständigkeit der Länder darf nicht zu einem Flickenteppich voneinander
abweichender Regelungen führen. Die Regelungen müssen vielmehr möglichst
einheitlich und vor allem grund- und menschenrechtskonform sein. Bei der
Erarbeitung der Regelungen sind betroffene Bevölkerungsgruppen wie Menschen mit
Behinderungen, chronisch kranke und ältere Menschen unbedingt eng einzubeziehen.
Ihren Stimmen ist genauso viel Gewicht beizumessen wie denen des ärztlichen
Berufsstandes."
Hintergrund: In seinem gestrigen Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die
bestehende bundesgesetzliche Regelung zur Triage in § 5c Infektionsschutzgesetz
(IfSG) aus formellen Gründen aufgehoben. Es liegt in der Zuständigkeit der
Länder, Kriterien für die Zuweisung intensivmedizinischer Ressourcen bei
Versorgungsengpässen in Pandemiezeiten zu regeln. Ob die in § 5c IfSG
enthaltenen Beschränkungen der ärztlichen Berufsausübung in der Sache
verfassungsgemäß sind, hat das Gericht inhaltlich nicht bewertet.
WEITERE INFORMATIONEN
Deutsches Institut für Menschenrechte (2020): Das Recht auf gesundheitliche
Versorgung von Menschen mit Behinderungen in der Corona-Pandemie. Stellungnahme
https://ots.de/aJaqeP
"Im Gesetzgebungsverfahren zur Triage sind Menschen mit Behinderungen von Anfang
an zu beteiligen". Interview mit Britta Schlegel, Leiterin der Monitoringstelle
UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte
(13.01.2022)
https://ots.de/jKuvfc
Pressekontakt:
Ute Sonnenberg, 2. Pressesprecherin
Telefon: +49 30 259 359 453
E-Mail: mailto:sonnenberg@institut-fuer-menschenrechte.de
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OTS: Deutsches Institut für Menschenrechte
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