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Berlin (ots) - Während sich die Arbeitswelt in rasantem Tempo digitalisiert,
gilt für Online-Weiterbildungen in Deutschland noch immer ein Gesetz aus dem
Jahr 1977: das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Was einst für Briefkurse
mit Lernheften gedacht war, sorgt heute für bürokratische Hürden, lange
Zulassungsverfahren und unnötige Unsicherheiten für Anbieter digitaler
Lernformate. Besonders absurd: Selbst moderne Coaching-Programme oder
interaktive E-Learning-Angebote werden rechtlich wie verstaubte Fernkurse
behandelt.
Das FernUSG passt nicht mehr in eine Zeit, in der Wissen per Klick vermittelt
wird. Dieser Beitrag zeigt, warum Deutschland durch diese veralteten Regelungen
im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit verliert und welche
Reformen nötig wären, um digitale Bildung endlich ins 21. Jahrhundert zu holen.
Wenn Schutz zur Wachstumsbremse wird
Mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom Juni 2025 wurde klargestellt:
Online-Coachings und Mentoring-Programme können - je nach Gestaltung - als
zulassungspflichtiger Fernunterricht gelten. Anbieter müssen also unter
Umständen eine ZFU-Zulassung beantragen, sonst drohen Vertragsnichtigkeiten und
Rückforderungen, selbst wenn Teilnehmende das Angebot vollständig genutzt haben.
Das Ziel - der Schutz der Verbraucher - bleibt richtig. Doch die Wirkung ist
widersprüchlich. Viele digitale Bildungsanbieter investieren erhebliche Mittel
in Qualität, Betreuung und didaktische Konzepte, geraten aber unter pauschalen
Zulassungsdruck. Die Folge ist ein Klima der Unsicherheit, das besonders
diejenigen trifft, die verantwortungsvoll arbeiten.
Auch Zahlungsdienstleister reagieren zunehmend vorsichtig: Ratenzahlungen oder
Pay-Later-Modelle werden seltener angeboten, weil unklare Rechtslagen
Rückabwicklungen riskant machen. So entsteht ein Wettbewerbsnachteil gegenüber
anderen Branchen; nicht aufgrund mangelnder Seriosität, sondern wegen überholter
Regelungen.
Der Preis der Rechtssicherheit
Die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) überwacht die Einhaltung
gesetzlicher Anforderungen. Sie prüft Lehrpläne, Lernziele und
Informationspflichten. Ein grundsätzlich sinnvolles Vorgehen, doch die Verfahren
stammen aus einer analogen Ära.
Die Zulassung kostet Zeit, Geld und Flexibilität: Gebühren beginnen bei rund
1.500 Euro und steigen je nach Kursumfang deutlich an. Jede Änderung am Angebot
löst neue Prüfungen aus, was besonders für agile Anbieter zu einer finanziellen
und organisatorischen Belastung wird. Selbst bei vollständigen Unterlagen dauert
das Verfahren oft Wochen oder Monate. In einer Branche, die von kurzen
Innovationszyklen lebt, ist das kaum zu verkraften.
Hinzu kommt eine umfassende Dokumentationspflicht: Kursziele, Lehrpläne,
Vertragsmuster, Werbematerialien. Was einst Transparenz sichern sollte, wirkt
heute wie eine Bremse für digitale Lernmodelle, die auf Interaktion und ständige
Weiterentwicklung setzen. Die Hürden entstehen nicht aus bösem Willen, sondern
aus einem Prozessdesign, das nie an die Gegenwart angepasst wurde, doch sie
kosten Innovation, Liquidität und Tempo.
Ein Blick über die Grenzen
Digitale Bildung kennt keine Landesgrenzen. Lernende und Anbieter agieren längst
international, Inhalte und Tools sind global verfügbar. Ein nationales
Sonderrecht, das auf Briefkurse zugeschnitten ist, wirkt da aus der Zeit
gefallen.
Statt jedes Angebot einzeln zu prüfen, könnte ein modernes System auf
europäische Standards setzen, etwa nach dem Vorbild des One-Stop-Shop im
Steuerrecht. Ein gemeinsames digitales Portal, einheitliche Kriterien und
transparente Informationspflichten würden den Verwaltungsaufwand reduzieren und
Rechtssicherheit schaffen. Lernende blieben geschützt, während Anbieter
schneller und planbarer agieren könnten. Auch die Behörden selbst würden
profitieren, da sie auf standardisierte Verfahren und digitale Datenflüsse
zurückgreifen könnten.
Was sich ändern muss
Damit das FernUSG wieder seinem eigentlichen Zweck dient, braucht es
grundlegende Reformen.
1. Klare digitale Definitionen. Der bisherige Begriff des "Fernunterrichts" ist
zu vage. Eine moderne Regelung sollte zwischen Fernunterricht, Coaching und
Selbstlernprogrammen unterscheiden, um Rechtsklarheit zu schaffen.
2. Schnellere und digitale Verfahren. Elektronische Anträge, feste Fristen und
vereinfachte Änderungsprozesse würden Bürokratie reduzieren.
3. Verhältnismäßige Gebühren. Die Kosten sollten sich am tatsächlichen
Prüfaufwand orientieren, nicht am Preis des Kurses. Gerade kleinere Anbieter
brauchen bezahlbare Strukturen.
4. Gezielte Aufsicht statt Pauschalkontrolle. Ressourcen sollten dort eingesetzt
werden, wo Beschwerden oder Qualitätsmängel vorliegen. Seriöse Anbieter
könnten durch Branchenzertifikate entlastet werden.
5. Und schließlich: Europäische Anschlussfähigkeit. Einheitliche Grundregeln
innerhalb der EU würden Skalierbarkeit und Fairness fördern.
Fazit: Schutz bewahren, Fortschritt ermöglichen
Das FernUSG war einst ein notwendiges Verbraucherschutzinstrument; heute ist es
ein Anachronismus. Es schützt Lernende, bremst aber zugleich jene, die Bildung
neu denken. Der Schutzgedanke darf nicht aufgegeben, muss aber modernisiert
werden.
Digitale Bildung braucht Regeln, die Qualität sichern, ohne Innovation zu
ersticken. Schnellere Verfahren, digitale Prozesse und realistische Gebühren
würden nicht nur Anbietern helfen, sondern auch Lernenden zugutekommen. Denn
Bildung, die Schritt hält mit der Gegenwart, ist kein Risiko, sondern die
Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit.
Über Özkan Akkilic:
Özkan Akkilic ist Gründer und CEO von ablefy, einer Plattform für digitale
Geschäftsmodelle, Coaches und Unternehmer:innen. Er begleitet seit Jahren
Online-Unternehmer:innen beim Aufbau skalierbarer Geschäftsmodelle - mit dem
Fokus auf Infrastruktur, Automatisierung und nachhaltiges Wachstum. Mehr
Informationen unter: www.ablefy.io (https://ablefy.io)
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Ruben Schäfer
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