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Köln (ots) - Welch ein Zynismus: Schwere russische Luftangriffe führen zu Strom-
und Heizungsausfällen in großen Teilen der Ukraine. Und das Geld, das zum Schutz
von Energieanlagen bestimmt war, ist offensichtlich zum Teil in den Taschen
eines gewissen Timur Minditsch und seiner Komplizen verschwunden. Man kann nur
hoffen, dass sich die Befürchtung nicht bewahrheitet, Minditsch habe auch bei
Rüstungsgeschäften den Staat geschädigt - einen Staat, der um seine Existenz
kämpft.
So oder so ist das öffentliche Vertrauen in Wolodymyr Selenskyj erschüttert.
Minditsch soll, so die Ermittler, seine "freundschaftlichen Beziehungen" zum
Präsidenten für seine Aktivitäten genutzt haben. Das erregt den Verdacht eines
Verstoßes gegen Compliance-Regeln und wirkt wie eine Wiederholung der
Comedy-Serie "Diener des Volkes". Da hatte Selenskyj einen Lehrer gespielt, der
Präsident wird und ein Küchenkabinett aus alten Freunden um sich schart. Die
Satire ist leider Realität geworden.
Zu Realität gehört aber auch: Die Verdächtigen werden verfolgt. Es gibt
Ministerrücktritte statt der im russischen Brauchtum üblichen Fensterstürze.
Während Russland keine unabhängigen Medien duldet, arbeiten sich ukrainische
Zeitungen seit Monaten an Vorwürfen gegen Minditsch ab. Versuche der Regierung,
die Antikorruptionsbehörde unter Kuratel zu stellen, haben zum Massenprotest
geführt. Der hatte Erfolg. Mitten im Krieg.
Paradoxerweise zeigt sich gerade in dieser Krise die Stärke der Ukraine. Die
Stärke einer Zivilgesellschaft, die um rechtsstaatliche Transparenz kämpft.
Diese Zivilgesellschaft ist es, die der russische Präsident Wladimir Putin seit
mehr als zehn Jahren als Bedrohung seiner Macht empfindet. Die Ukrainer führen
den russischen Nachbarn Tag für Tag vor, dass es auf dem Boden der ehemaligen
Sowjetunion eine Alternative zum autoritären Gesellschaftsmodell gibt - zu
Willkürjustiz, Folter und, ja, auch zu Korruption. Die Ukraine steht in der
Rangliste von Transparency International nicht gut da, aber weit besser als
Russland. Sie bekämpft Korruption. So steckt in den schlechten Nachrichten zum
Fall Minditsch eine gute.
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