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Köln. (ots) - Der Kölner Krebsforscher Michael Hallek hat den Vorstoß des
CDU-Gesundheitsexperten Hendrik Streeck zu einer Therapiebegrenzung für sehr
alte Patientinnen und Patienten in deutlichen Worten zurückgewiesen. "Den Sinn
einer Behandlung am Alter festzumachen, ist sachfremd. In der Medizin haben wir
davon schon lange Abstand genommen", sagte Hallek dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Gesellschaftlich und ethisch "geraten wir in ein gefährliches Fahrwasser, wenn
wir über Therapien zuerst unter ökonomischen Gesichtspunkten sprechen", so der
Direktor der Klinik I für Innere Medizin der Universitätsklinik Köln. Kosten und
Alter dürften keine Ausschlusskriterien sein, wenn es um die Anwendung teurer
Therapien geht. "Für ärztliches Handeln müssen die medizinischen Erfordernisse
und die Belange des Patienten immer Kompass und Richtschnur sein. Es geht um die
Würde und die Selbstbestimmung des Patienten. Der Patient muss im Zusammenwirken
mit den Ärzten festlegen, was für ihn relevant ist. Das kann in jedem
individuellen Fall ganz andere Ergebnisse zur Folge haben."
Streeck hatte mit Aussagen bei Welt TV eine Debatte über die Behandlung von sehr
alten Patienten ausgelöst. "Es gibt einfach Phasen im Leben, wo man bestimmte
Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte", sagte Streeck.
Ökonomische Kriterien seien bei der Festlegung der bestmöglichen Behandlung
keineswegs ausgeschlossen, betonte Hallek, der 2023 den Vorsitz im
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
übernahm. "Wir stellen aber oft fest, dass die optimale Therapie sogar die
kostengünstigste ist." Insofern sei es zwar nicht falsch, vor Übertherapie oder
überflüssigen medizinischen Maßnahmen zu warnen. "Aber das entscheidet sich eben
nicht an der Frage, wie alt ein Patient ist." So wie Streeck es getan habe,
könne man die notwendige Debatte über Kostendämpfung im Gesundheitswesen "nicht
einstielen", sagte Hallek. "Einsparungen lassen sich sehr gut innerhalb der
Leitplanken von Menschenwürde und Selbstbestimmung erreichen: durch Steigerung
der Effizienz, mehr ambulante statt stationäre Behandlungen oder die kritische
Prüfung des Nutzens von Arzneimitteln oder Behandlungsverfahren im
Therapiealltag. Das gilt auch und gerade bei älteren Patientinnen und
Patienten." Als weitere Hebel für effizientere Behandlungen nannte Hallek die
umfassende Dokumentation der Therapiefolgen sowie eine wissensgenerierende
Versorgung. "Wenn wir Palliativbehandlungen am Ende primär unter
Kostengesichtspunkten betrachteten, wäre das fatal - für die Patienten, aber
auch für das Vertrauen der ganzen Gesellschaft in unser Gesundheitswesen."
http://www.ksta.de/1151416
Den gesamten Gastbeitrag von Michael Hallek (ab Montag) unter
http://www.ksta.de/1151524
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