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Mainz (ots) - Die Entscheidung im Haushaltsausschuss des Bundestags, keine
weiteren Mittel für eine Übergangslösung für den Fonds Sexueller Missbrauch
(FSM) bereitzustellen, hat massive Kritik ausgelöst. Rund 30 Organisationen -
darunter der WEISSE RING - haben zudem in einem Offenen Brief gefordert, den
Fonds zu retten. "Der FSM stellt häufig die einzige Möglichkeit für von
sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend Betroffene dar, eine Form der
staatlichen Anerkennung und Unterstützung zu erhalten", heißt es in dem
Schreiben, das an die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD im Bundestag, Jens
Spahn und Matthias Miersch, sowie an die Unabhängige Missbrauchsbeauftragte
Kerstin Claus gerichtet ist. Gefordert wird eine Lösung, "mit der die Aussagen
des Koalitionsvertrages eingehalten und die Weiterführung des Fonds 2026
gewährleistet werden kann".
Zu den weiteren Unterzeichnern gehören unter anderem der Bundesverband
Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe - Frauen gegen Gewalt, der
Kinderschutzbund, der Caritasverband, die Diakonie, die Bundeskoordinierung
Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend
und die Deutsche Sportjugend.
"Die Entscheidung aus dem Haushaltsausschuss macht mich fassungslos", sagt
Bianca Biwer, Bundesgeschäftsführerin des WEISSEN RINGS. Offenbar fehle bislang
der politische Wille, genug Geld für alle Betroffenen in die Hand zu nehmen,
ihnen endlich Sicherheit zu geben und damit Verantwortung zu übernehmen. "Opfer
von sexualisierter Gewalt sind besonders vulnerabel. Sie kämpfen oft ihr Leben
lang mit den Folgen des Missbrauchs. Erschwerend kommt nun die massive
Enttäuschung hinzu, wieder im Stich gelassen worden zu sein. Sie brauchen
dringend niedrigschwellige Hilfen. Jeder Tag ohne Unterstützung verschlimmert
ihr Leiden", so Biwer. "Seit vielen Monaten ist die Zukunft des Fonds Sexueller
Missbrauch ungewiss. Es wäre genug Zeit gewesen, zumindest eine gute
Übergangslösung zu schaffen." Der Bundestag dürfe die Betroffenen jetzt nicht
länger vertrösten, sondern müsse schnell für adäquaten Ersatz sorgen.
Der Fonds ist Teil des Ergänzenden Hilfesystems (EHS), kann Folgen des
Missbrauchs lindern und einspringen, wenn notwendige Leistungen nicht durch
Kranken- und Pflegekassen oder das soziale Entschädigungsrecht abgedeckt werden.
Bislang haben etwa 36.000 Betroffene einen Antrag gestellt, ausgezahlt wurden
165,2 Millionen Euro. Im Sommer war der Fonds rückwirkend zum 19. März
eingestellt worden, weil die Mittel im Bundeshaushalt nicht reichten. Dass der
Fonds aufgrund haushaltsrechtlicher Bedenken des Bundesrechnungshofs neu
aufgestellt werden müsse, ist schon länger klar. Den Fonds vorübergehend
weiterzuführen, wäre aufgrund der seit 2025 geltenden "Billigkeitsrichtlinie"
aber offenbar möglich gewesen. Im Haushalt ist für den Fonds zwar Geld für 2025,
2026 und 2027 eingeplant, aber nur für schon gestellte und bewilligte Anträge.
Es bleibt beim Antragsstopp.
Die Unabhängige Kommission des Bundes zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs
schloss sich der Kritik am Haushaltsausschuss an: "Den Abgeordneten des
Bundestages ist es nicht gelungen, Mittel zur Verfügung zu stellen, um den Fonds
Sexueller Missbrauch weiterzuführen, obwohl die Bundesregierung dies in ihrem
Koalitionsvertrag als Ziel genannt hatte." Viele Betroffene stünden nun ohne die
Hilfe da, auf die sie gezählt hätten. Ähnlich äußerte sich der Betroffenenrat
bei der UBSKM: "Tausende Betroffene werden mit fatalen Folgen im Stich gelassen,
trotz anders lautender politischer Bekenntnisse auch in Gesprächen mit dem
Betroffenenrat." Bis Ende November hätten die Mitglieder des Bundestages jetzt
noch die Möglichkeit, ihrer Verpflichtung nachzukommen, "niedrigschwellige
Hilfen nachhaltig zu sichern".
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Der WEISSE RING wurde 1976 in Mainz gegründet als "Gemeinnütziger Verein
zurUnterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e.
V.". Er ist Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität.
Der Verein unterhält ein Netz von rund 3.000 ehrenamtlichen, professionell
ausgebildeten Opferhelfern in bundesweit 400 Außenstellen, beim Opfer-Telefon
und in der Onlineberatung. Der WEISSE RING hat rund 100.000 Förderer und ist in
18 Landesverbände gegliedert. Er ist ein sachkundiger und anerkannter
Ansprechpartner für Politik, Justiz, Verwaltung, Wissenschaft und Medien in
allen Fragen der Opferhilfe. Der Verein finanziert seine Tätigkeit
ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und testamentarischen Zuwendungen
sowie von Gerichten und Staatsanwaltschaften verhängten Geldbußen. Der WEISSE
RING erhält keinerlei staatliche Mittel.
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