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Berlin (ots) - Wenn im Dezember die Innenstädte funkeln, Glühweinstände öffnen
und die Menschen durch die Fußgängerzonen drängen, dann wird jedes Jahr aufs
Neue deutlich, wie sehr Konsum, Alltag und Politik zusammenhängen. Weihnachten
ist nicht nur die Zeit der Wunschzettel für Kinder - auch wir Verbraucher hätten
so einiges, das wir der Politik gern unter den Baum legen würden. Denn eine
moderne, zukunftsorientierte Verbraucherpolitik muss mehr sein als gut gemeinte
Rhetorik. Sie sollte unseren tatsächlichen Lebensrealitäten gerecht werden.
Da fängt es schon beim Einkaufen an. Das Ladenschlussgesetz stammt in seiner
Grundlogik aus einer Zeit, in der der Samstagmittag das Wochenende einläutete,
die Familie am Sonntag geschlossen in die Kirche ging und die Arbeitswelt
deutlich klarer strukturiert war. Die Realität heute sieht anders aus:
Schichtarbeit, Dienstleistungsjobs, lange Pendelzeiten,
Doppelverdienerhaushalte, Alleinerziehende. Viele Menschen haben schlicht unter
der Woche kaum Gelegenheit, in Ruhe einzukaufen. Ausgerechnet dann, wenn viele
endlich Zeit hätten - am Sonntag - sind die Läden geschlossen. Es wirkt
zunehmend aus der Zeit gefallen, wenn man an einem verregneten Sonntagnachmittag
in einer belebten Großstadt steht, Restaurants und Streamingdienste nutzen kann,
aber keinen simplen Einkauf erledigen darf. Eine Liberalisierung des
Ladenschlussgesetzes, die Sonntagsöffnungen und flexiblere Zeiten ermöglicht,
wäre kein Angriff auf den Sozialstaat, sondern ein Schritt hin zu echter
Wahlfreiheit.
Ähnlich altmodisch wirkt der Mobilitätsmarkt. Während wir im Alltag längst per
App Taxis bestellen, Carsharing nutzen und On-Demand-Dienste erwarten, hängen
viele Regulierungen noch am Bild der klassischen Taxizentrale. Die
Betriebssitzpflicht für Wettbewerber des Taximonopols ist ein Paradebeispiel für
eine Vorschrift, die vor allem etablierten Strukturen nutzt und Innovation
bremst. Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von mehr Wettbewerb:
bessere Preise, mehr Verfügbarkeit, mehr Service. Es ist schwer zu vermitteln,
warum moderne Mobilitätsdienste künstlich ausgebremst werden sollen, nur um alte
Marktstrukturen zu schützen. Eine zukunftsfähige Verbraucherpolitik würde diese
Bremsklötze lösen und den Rahmen so setzen, dass fairer Wettbewerb herrscht -
nicht, dass ein historisch gewachsenes Monopol auf Dauer konserviert wird.
Auch beim Thema Gesundheitsschutz erleben wir derzeit einen fragwürdigen
Widerspruch: Nikotin Pouches sind faktisch auf dem Markt, werden von vielen
konsumiert, bewegen sich aber rechtlich in einer Grauzone. Gerade aus
Verbraucherschutzsicht ist das hochproblematisch. Ein unregulierter Graumarkt
bedeutet: unklare Produktqualität, fehlende Standards, mangelhafte Kennzeichnung
und im Zweifel höhere Risiken für Konsumentinnen und Konsumenten. Wer wirklich
für Verbraucherschutz eintritt, sollte nicht so tun, als gäbe es diese Produkte
nicht, sondern sie klar regulieren. Das heißt: eine rechtssichere Legalisierung
des Verkaufs, gekoppelt an Altersgrenzen, Qualitätsvorschriften und Transparenz
bei Inhaltsstoffen. Verdrängungspolitik hat noch nie funktioniert - klare Regeln
schon eher.
Ein besonders sensibles Thema ist die Energiepolitik. Spätestens wenn zur
Weihnachtszeit die Lichterketten leuchten und gleichzeitig die Stromrechnung im
Hinterkopf drückt, spüren viele Menschen ganz konkret, was abstrakte
energiepolitische Entscheidungen für ihren Alltag bedeuten. Bezahlbarer Strom
steht ganz oben auf der Wunschliste von Privathaushalten. Doch statt sich in
ideologischen Grabenkämpfen zu verlieren, bräuchte es eine wirklich
technologieoffene Energiepolitik. Eine, die nicht von vornherein bestimmte
Technologien aus dogmatischen Gründen ausschließt, sondern nüchtern prüft:
Können wir uns Strom leisten?
Wer dann in einer schlecht isolierten Wohnung sitzt, die Heizkosten kaum noch
stemmen kann und sich bei niedrigen Raumtemperaturen schnell eine Erkältung
einfängt, merkt sehr schnell: Gesundheit ist auch eine Kostenfrage. Und hier
kommt der Apothekenmarkt ins Spiel. Deutschland leistet sich eine der
restriktivsten Apothekenregulierungen Europas - mit Fremdbesitzverbot und einem
modifizierten Mehrbesitzverbot, die moderne, effizientere und
verbraucherfreundliche Geschäftsmodelle erschweren.
Eine Liberalisierung des Apothekenmarktes - verbunden mit klaren
Qualitätsstandards, digitalen Angeboten, besseren Lieferketten und vielleicht
auch neuen Versorgungsmodellen - könnte dazu beitragen, dass Medikamente
erschwinglicher, schneller verfügbar und für Verbraucherinnen und Verbraucher
einfacher zugänglich werden. Wenn wir an anderer Stelle Onlinehandel,
Lieferdienste und digitale Plattformen längst akzeptieren, wirkt es zunehmend
künstlich, ausgerechnet den Arzneimittelmarkt wie eine geschützte Insel zu
behandeln.
All diese Beispiele zeigen eines: Eine zukunftsorientierte Verbraucherpolitik
ist kein Sammelsurium von Detailregeln, sondern eine Grundhaltung. Sie traut
mündigen Bürgerinnen und Bürgern mehr zu, setzt auf Wettbewerb statt auf
künstliche Verknappung, auf klare Regeln statt auf Grauzonen, und auf
Technologieoffenheit statt auf ideologische Scheuklappen.
Wenn wir also einen politischen Wunschzettel fürs Weihnachtsfest schreiben
würden, stünde dort nicht "noch mehr Regulierung", sondern "bessere
Regulierung": weniger Bevormundung, mehr Wahlfreiheit, mehr Transparenz, mehr
fairer Wettbewerb. Das wäre ein Geschenk, das weit über die Feiertage hinaus
wirkt - und vielleicht das wertvollste, das Verbrauchern in Deutschland gemacht
werden kann.
Pressekontakt:
Fred Röder
Geschäftsführer
mailto:media@consumerchoicecenter.org
Consumer Choice Center
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/172963/6172926
OTS: Consumer Choice Center
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