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Berlin (ots) -
- Aktueller Kommissionsvorschlag erlaubt den Autokonzernen, im Jahr 2035 bis zu
46 Prozent der Neuwagen als spritdurstige Plug-In-Hybride auf den Markt zu
bringen
- Während die Autokonzerne den Ausstieg aus dem Verbrenner-Aus öffentlich mit
dem Schutz deutscher Arbeitsplätze begründen, lässt Mercedes-Benz
Verbrennungsmotoren in China fertigen und importieren - die eigentliche Gefahr
für Arbeitsplätze ist, bei der Elektromobilität den Anschluss zu verlieren
- Fokus auf kurzfristige Rendite mit Verbrennern beschleunigt die
Selbstverzwergung der deutschen Autokonzerne als hochpreisige
Nischenhersteller
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bewertet den heute präsentierten Vorschlag der
EU-Kommission zur Revision der CO2-Verordnung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge
als folgenschweren Rückschritt für die europäische Klima- und Industriepolitik.
Dieser sieht kein verbindliches 100-Prozent-Null-Emissionsziel für Neuwagen mehr
vor, sondern lediglich eine Reduktion um 90 Prozent. Damit wird das bereits
beschlossene Verbrenner-Aus für Neufahrzeuge ab 2035 faktisch abgeschafft. Unter
dem Deckmantel vermeintlicher "Technologieoffenheit" übernimmt die Kommission
zentrale Narrative der Autolobby und verlängert die Laufzeit ineffizienter
Verbrenner-Technologien durch neue Schlupflöcher für Plug-In-Hybride (PHEV),
Range Extender (REX) sowie klimaschädliche Kraftstoffanrechnungen.
Die vermeintlich geringe Abweichung vom vereinbarten 100-Prozent-Ziel hin zu
einem 90-Prozent-CO2-Ziel hätte gravierende Folgen: Nach Berechnungen von
Transport & Environment könnten unter diesen Annahmen 46 Prozent der im Jahr
2035 verkauften Neuwagen weiterhin PHEV mit Verbrennungsmotor sein.
Plug-in-Hybride werden dabei seit Jahren mit bis zu fünfmal niedrigeren
CO2-Werten angerechnet als sie real emittieren; eine längst überfällige
Korrektur dieser Schönrechnerei ist zwar ab 2027 beschlossen, wird jedoch
derzeit massiv von der Autoindustrie bekämpft, um auch künftig und bis nach 2035
von unrealistischen Anrechnungsregeln zu profitieren. Sollte der
Kommissionsvorschlag akzeptiert werden, würde dies fossile Antriebstechnologien
weit über 2035 hinaus bedeuten.
Die DUH fordert eine grundlegende Überarbeitung des Kommissionsvorschlages unter
Berücksichtigung der Klimaziele im Verkehrsbereich.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Der Vorschlag der EU-Kommission
ist ein Kniefall vor den in Klimafragen ignoranten deutschen
Verbrenner-Konzernen, insbesondere von Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen. Es
geht um kurzfristige Profite mit klimaschädlicher, alter Technologie. Die
Faktenlage ist seit Jahren klar: Plug-In-Hybride emittieren unter realen
Bedingungen ein Vielfaches mehr CO2 als angegeben und alternative Kraftstoffe
sind weder klimafreundlich noch in relevanten Mengen verfügbar. Trotzdem setzt
die Kommission voll auf diese Scheinlösungen. Dass die Europäische Kommission
unter Ursula von der Leyen - deren Green Deal ein zentrales Vermächtnis sein
sollte - nun sogar das verbindliche 100-Prozent-Ziel für 2035 durch ein
90-Prozent-Ziel ersetzen will, ist ein Offenbarungseid. Wenn dieser
Kommissionvorschlag so umgesetzt wird, lassen sich die europäischen Klimaziele
im Verkehr nicht einhalten."
Die Autokonzerne haben durch kontinuierliches Lobbying verhindert, dass bei
Plug-In Hybriden mit realen Verbrauchswerten gerechnet wird. In der Praxis
werden diese meist überschweren Fahrzeuge ganz überwiegend mit dem verbauten
Verbrennungsmotor betrieben: Häufig werden sie nicht extern geladen, sodass nur
im Ausnahmefall der elektrische Teilantrieb zum Einsatz kommt. In der Praxis
sind diese Fahrzeuge aufgrund unterdimensionierter Elektromotoren nicht für
einen konsequent elektrischen Betrieb ausgelegt: Selbst im sogenannten E-Modus
schaltet häufig der Verbrennungsmotor zu. Der reale Fahrbetrieb ist damit
deutlich stärker fossil geprägt, als es die offiziellen Angaben suggerieren. Die
geplanten Privilegien für PHEV, REX und Kraftstoffanrechnungen verlängern
folglich die Nutzung ineffizienter Verbrenner-Technologien, statt den Übergang
zu echten Nullemissionsantrieben zu beschleunigen. Anstatt diese strukturellen
Probleme anzugehen, verlängert die Kommission mit neuen Ausnahmen die
Lebensdauer fossiler Auslaufmodelle - und verschärft damit genau jene Probleme,
die sie eigentlich lösen müsste.
Hintergrund:
Der Vorschlag der Europäischen Kommission markiert den Beginn des ordentlichen
Gesetzgebungsverfahrens und kann im weiteren Verfahren durch Europäisches
Parlament und Rat noch gestoppt oder angepasst werden. Bereits Anfang des Jahres
wurden auf Druck der Autoindustrie Flexibilisierungen der
COâ''-Flottengrenzwert-Verordnung beschlossen - darunter die Möglichkeit,
Grenzwerte über drei Jahre statt jährlich einzuhalten, um mögliche
Strafzahlungen zu vermeiden. Dabei zeigt eine aktuelle Studie von Transport and
Environment (T&E), dass fast alle großen Hersteller ihre Zielwerte der kommenden
Jahre erreichen können, wenn sie konsequent elektrifizieren - es fehlt also
nicht an der technischen Umsetzbarkeit, sondern am Transformationswillen der
Automobilhersteller. PHEV stoßen im realen Fahrbetrieb bis zu fünfmal mehr CO2
aus als die offiziellen Testwerte nahelegen und bieten damit kaum einen
Klimavorteil gegenüber herkömmlichen Verbrennern. Die sogenannte
Nutzungsfaktor-Methodik unterstellt dabei einen unrealistisch hohen elektrischen
Fahranteil. Gegen eine Anpassung des Nutzungsfaktors für eine realistischere
Ermittlung der Emissionen wehren sich die Hersteller.
Link:
Das DUH-Positionspapier zu PHEV und REX finden Sie hier:
https://l.duh.de/p251216a
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, mailto:resch@duh.de
DUH-Newsroom:
030 2400867-20, mailto:presse@duh.de
http://www.duh.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/22521/6180913
OTS: Deutsche Umwelthilfe e.V.
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