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Osnabrück (ots) - Vizekanzler Lars Klingbeil sieht die neue
US-Sicherheitsstrategie als Alarmsignal für Europa. "Die neue
US-Sicherheitsstrategie ist Ausdruck einer tiefgreifenden Veränderung. Es muss
sehr schnell ins europäische Bewusstsein rücken, dass die transatlantischen
Beziehungen, wie wir sie kannten, von der Trump-Regierung grundlegend infrage
gestellt werden", sagte der SPD-Chef und Finanzminister im Interview mit der
"Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). Aber noch bleibe Zeit, sich zu wehren. "Wenn
wir uns als Europäer auf unsere Stärken besinnen, dann können wir eine globale
Kraft sein, die man nicht einfach so erpressen kann."
Ganz überraschend komme die vor wenigen Tagen vom Weißen Haus verabschiedete
Sicherheitsstrategie, in der die EU nicht mehr als Partner und Verbündeter
betrachtet wird, aber nicht. "Wir haben erlebt, wie wir beim Zoll-Deal eine
schlechte Lösung akzeptieren mussten. Wir haben erlebt, wie wir bei
(US-Präsident Donald) Trumps Alaska-Treffen mit (Russlands Präsident Wladimir)
Putin nur in der Zuschauerrolle waren. Wir mussten mühsam dafür sorgen, dass
nicht über die Köpfe der Ukrainer und der Europäer hinweg verhandelt wird", so
der Vizekanzler. Letzteres sei zwar auf dem Berliner Ukraine-Gipfel gelungen.
Für ihn sei aber "völlig klar: Europa kann das nicht einfach nur bedauern,
sondern wir müssen mehr eigene Stärke entwickeln".
Rufen nach einer europäischen Verteidigungsunion unter einem gemeinsamen
Oberbefehl erteilte der SPD-Chef allerdings eine Abfuhr, das sei eine
"politische Vision", sagte Klingbeil der "NOZ". "Anstatt uns mit der Idee einer
EU-Armee zu verheben, sollten wir den Fokus auf das Machbare legen. Als
Finanzminister dränge ich zum Beispiel darauf, dass wir endlich einen
einheitlichen Kapitalmarkt schaffen." Die EU habe 450 Millionen Bürgerinnen und
Bürger, 100 Millionen mehr als in den USA leben. "Aber wir sind wirtschaftlich
nicht stärker. Das können wir ändern."
Der Schlüssel zu mehr Stärke Europas liegt laut Klingbeil in der Überwindung
rein nationaler Interessen. "Viele sagen: klar, ein starkes Europa ist wichtig,
sind aber nicht bereit, einen Schritt zu gehen, der die nationalen Interessen
nicht zu 100 Prozent widerspiegelt", beklagte der SPD-Chef. "Das müssen wir
überwinden. Wenn es in Europa große Fortschritte gab, gelang das immer nur, wenn
alle bereit waren, über ihre rein nationalen Interessen hinaus zu handeln."
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